Einleitung
Gleitende Durchschnitte sind ein grundlegendes Werkzeug der technischen Analyse und werden verwendet, um Preisdaten über einen bestimmten Zeitraum zu glätten, wodurch kurzfristige Volatilität und Marktlärm reduziert werden. Dies hilft Analysten und Händlern, den zugrunde liegenden Trend eines Marktes oder eines Wertpapiers besser zu erkennen. Sie können auf verschiedene Arten berechnet werden, darunter der einfache gleitende Durchschnitt (SMA), der exponentielle gleitende Durchschnitt (EMA) und andere komplexere Formen. Üblicherweise werden gleitende Durchschnitte auf Schlusskurse angewendet, doch sie können auch auf andere Datenpunkte wie Eröffnungs-, Hoch-, Tief- oder Volumendaten angewendet werden. Überkreuzungen von verschiedenen gleitenden Durchschnitten oder die Position des Preises relativ zum gleitenden Durchschnitt können als Handelssignale dienen. Trotz ihrer Beliebtheit sollten gleitende Durchschnitte jedoch in Kombination mit anderen technischen oder fundamentalen Analysemethoden verwendet werden, um fundierte Handelsentscheidungen zu treffen.
Berechnungen von gleitenden Durchschnitten
einfacher gleitender Durchschnitt (Simple Moving Average, SMA)
Der SMA berechnet den durchschnittlichen Kurs eines Wertpapiers über einen bestimmten Zeitraum. Beispielsweise zeigt ein 50-Tage-SMA den durchschnittlichen Schlusskurs der letzten 50 Tage. Der Hauptzweck des SMA ist es, Preisschwankungen zu glätten und einen klareren Überblick über die allgemeine Preisrichtung eines Wertpapiers über einen bestimmten Zeitraum zu geben. Wenn der aktuelle Preis eines Wertpapiers über seinem SMA liegt, wird dies oft als ein bullisches Zeichen gedeutet, während ein Preis unter dem SMA häufig als bearish betrachtet wird. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der SMA, wie alle technischen Indikatoren, am besten in Kombination mit anderen Analysemethoden verwendet wird.
Der einfache gleitende Durchschnitt (SMA) wird berechnet, indem man die Summe der Schlusskurse eines Wertpapiers über n Perioden nimmt und dann durch n teilt. Wenn P1, P2, … Pn die Schlusskurse für die n Perioden sind, dann ist die Formel für den SMA wie folgt:
das entspricht
linear gewichteter gleitender Durchschnitt (Weighted Moving Average, WMA)
Der linear gewichtete gleitende Durchschnitt (Weighted Moving Average, WMA) ist eine Variante des einfachen gleitenden Durchschnitts (SMA) und gibt neueren Datenpunkten innerhalb der betrachteten Periode ein höheres Gewicht als älteren Datenpunkten. Dieser Ansatz ist darauf ausgerichtet, empfindlicher auf jüngste Preisänderungen zu reagieren. Bei der Berechnung des WMA werden die Schlusskurse mit einem linearen Gewicht multipliziert, das mit dem Alter des Datenpunkts variiert. Beispielsweise wird in einem 5-Tage-WMA der neueste Preis mit 5, der vorherige mit 4, der davor mit 3 und so weiter multipliziert. Die Summe dieser gewichteten Preise wird dann durch die Summe der Gewichte geteilt. Das Resultat ist, dass jüngere Preise eine stärkere Auswirkung auf den Durchschnitt haben als ältere Preise. Für viele Analysten bietet der WMA einen besseren Überblick über den Markttrend, da er schneller auf Marktveränderungen reagiert als der SMA. Es ist jedoch zu beachten, dass der WMA aufgrund seiner erhöhten Empfindlichkeit für jüngste Preisbewegungen auch anfälliger für falsche Signale sein kann.
Der linear gewichtete gleitende Durchschnitt (WMA) für eine gegebene Periode n kann mittels einer Summenformel dargestellt werden. Wenn P1,P2,…Pn die Schlusskurse für die n Perioden sind, wobei Pn der neueste Kurs und P1 der älteste Kurs ist, dann lautet die Formel für den WMA:
exponentiell gleitender Durchschnitt (Exponential Moving Average, EMA)
Der exponentiell gleitende Durchschnitt (Exponential Moving Average, EMA) ist ein weiterer wichtiger Indikator in der technischen Analyse und gibt, im Gegensatz zum SMA oder WMA, allen Preisen ein gewisses Gewicht, wobei neuere Preise stärker gewichtet werden. Der EMA reagiert schneller auf Preisänderungen als der SMA und ist besonders bei vielen Tradern und Analysten aufgrund seiner Empfindlichkeit gegenüber jüngsten Preisbewegungen beliebt. Der Hauptvorteil des EMA gegenüber dem SMA ist, dass er die jüngsten Preisänderungen stärker berücksichtigt und weniger anfällig für kurzfristige Preisvolatilitäten ist.
Der Multiplikator berechnet sich als:
Eine andere Schreibweise wäre:
Double Exponential Moving Average (DEMA)
Der Double Exponential Moving Average (DEMA) ist ein technischer Indikator, der in der Chartanalyse verwendet wird, um Preisbewegungen glatter darzustellen und Trends effektiver zu identifizieren. Im Gegensatz zu einem einfachen gleitenden Durchschnitt oder einem exponentiellen gleitenden Durchschnitt zielt der DEMA darauf ab, die Reaktionsgeschwindigkeit auf Preisänderungen zu erhöhen und dabei das Problem des Lags, das häufig bei anderen gleitenden Durchschnitten auftritt, zu verringern.
Der DEMA wurde von Patrick G. Mulloy entwickelt und 1994 im “Technical Analysis of Stocks & Commodities” Magazin vorgestellt. Die Idee hinter dem DEMA ist es, durch eine doppelte Glättung eine schnellere Reaktion auf Preisänderungen zu ermöglichen, während gleichzeitig potenzielle Fehlsignale, die durch übermäßige Glättung entstehen könnten, reduziert werden.
Die Berechnung des DEMA erfolgt in mehreren Schritten:
- Zunächst wird ein exponentieller gleitender Durchschnitt (EMA) des Preises berechnet:
- Dann wird ein EMA des EMA (aus dem ersten Schritt) berechnet, dies wird oft als EMA von EMA oder EMA2 bezeichnet:
- Schließlich wird der DEMA berechnet, indem der EMA des Preises (EMA1) mit dem doppelten Wert des EMA von EMA (EMA2) kombiniert und anschließend der EMA von EMA subtrahiert wird:
Der DEMA wird häufig in ähnlicher Weise wie andere gleitende Durchschnitte verwendet:
- Um den zugrundeliegenden Trend in einem Markt zu identifizieren. Ein aufsteigender DEMA weist auf einen Aufwärtstrend hin, während ein fallender DEMA auf einen Abwärtstrend hindeutet. Wobei der Glättungsfaktor in der Regel als 2 / ( n + 1) definiert wird, wobei n die Anzahl der Perioden ist.
- Als Grundlage für Handelssignale. Beispielsweise kann ein Kaufsignal generiert werden, wenn der Preis eines Vermögenswertes über den DEMA steigt, und ein Verkaufssignal, wenn er darunter fällt.
- In Kombination mit anderen Indikatoren oder mit anderen gleitenden Durchschnitten, um Kreuzungsstrategien zu entwickeln.
Triple Exponential Moving Average (TEMA)
Ähnlich wie der DEMA verwendet der TEMA drei EMAs. Er wurde entwickelt, um Preisbewegungen noch genauer zu verfolgen und dabei den Verzug zu minimieren.
Volume Adjusted Moving Average (VAMA)
Bei diesem Durchschnitt wird das Volumen berücksichtigt. Die Idee dahinter ist, dass Kursbewegungen, die mit einem hohen Handelsvolumen einhergehen, bedeutender sind als solche mit einem niedrigen Volumen.
Wobei:
- Close(i) = Schlusskurs am Tag i
- Volume(i) = Handelsvolumen am Tag i
- N die Anzahl der Tage der betrachteten Periode
Hull Moving Average (HMA)
Entwickelt von Alan Hull, ist der HMA eine Kombination von gewichteten und exponentiellen gleitenden Durchschnitten, um die Glätte zu erhöhen und den Verzug zu reduzieren.
Der HMA wird in mehreren Schritten berechnet:
- Berechne den gewichteten gleitenden Durchschnitt (WMA) über die halbe Periode.
- Berechne den gewichteten gleitenden Durchschnitt (WMA) über die volle Periode.
- Verdopple den WMA der halben Periode und ziehe den WMA der vollen Periode ab.
- Berechne den gewichteten gleitenden Durchschnitt (WMA) des Ergebnisses aus Schritt 3 über eine Periode, die dem Quadrat der halben ursprünglichen Periode entspricht.
Jurik Moving Average (JMA)
Dies ist ein weiterer Versuch, einen weniger verzögerten gleitenden Durchschnitt zu entwickeln, wobei die Glätte beibehalten wird.
Adaptive Moving Average (AMA, auch bekannt als Kaufman’s Adaptive Moving Average)
Entwickelt von Perry Kaufman, passt sich dieser Durchschnitt dynamisch an die Marktvolatilität an. Wenn der Markt volatil ist, wird der AMA schneller, und in weniger volatilen Zeiten wird er langsamer.
T3 (Triple Exponential Moving Average T3)
Entwickelt von Tim Tillson, kombiniert er mehrfach geglättete EMA-Werte, um einen reaktionsschnellen und glatten Indikator zu schaffen.
Guppy Multiple Moving Average (GMMA)
Dieser Ansatz, entwickelt von Daryl Guppy, verwendet mehrere kurze und lange EMAs, um das Zusammenspiel zwischen kurzfristigen und langfristigen Investoren zu interpretieren.
ZLEMA (Zero Lag Exponential Moving Average)
Wie der Name schon sagt, wurde ZLEMA entwickelt, um den inhärenten Verzug des EMA zu reduzieren.
FRAMA (Fractal Adaptive Moving Average)
Entwickelt von John Ehlers, basiert dieser Durchschnitt auf der Fraktalgeometrie des Marktes.
ALMA (Arnaud Legoux Moving Average)
Ein gleitender Durchschnitt, der versucht, den Verzug zu minimieren und dennoch eine glatte Kurve zu erzeugen.
SMMA (Smoothed Moving Average)
Ein Durchschnitt, der einen Mittelweg zwischen einem einfachen und einem exponentiellen Durchschnitt darstellt.
VWAP (Volume Weighted Average Price)
Während nicht genau ein Moving Average im traditionellen Sinne, berücksichtigt VWAP das Volumen im Verhältnis zum Preis und ist sehr beliebt in der Intraday-Analyse.
VWMA (Volume Weighted Moving Average)
Kombiniert die Ideen hinter dem WMA und dem VWAP, indem er den Preis basierend auf Volumen gewichtet.
LWMA (Linear Weighted Moving Average)
Eine Variation des WMA, bei dem die Gewichtung linear verteilt ist.
Rainbow Moving Average
Dabei handelt es sich um eine visuelle Technik, die eine Sammlung von gleitenden Durchschnitten über verschiedene Zeiträume auf einem Chart darstellt, ähnlich wie die Guppy Multiple Moving Average Technik.
Sine Weighted Moving Average
Nutzt die Sinusfunktion zur Gewichtung und zielt darauf ab, eine glattere Linie ohne zu viel Verzug zu bieten.
Wilders Moving Average
Entwickelt von Welles Wilder, wird er oft in technischen Indikatoren wie dem RSI (Relative Strength Index) verwendet. Er ist im Wesentlichen ein EMA mit einer spezifischen Glättungskonstante.
Verwendung von gleitenden Durchschnitten als Indikatoren
Gleitende Durchschnitte sind in der technischen Analyse weit verbreitet und bieten verschiedene Informationen und Signale, die Tradern und Investoren bei der Entscheidungsfindung helfen können. Hier sind einige Hauptgründe, warum sie beim Kauf oder Verkauf einer Aktie verwendet werden:
- Trendbestätigung: Ein gleitender Durchschnitt kann dazu dienen, die allgemeine Richtung oder den Trend eines Marktpreises zu bestätigen. Wenn der Kurs einer Aktie über seinem gleitenden Durchschnitt liegt und dieser Durchschnitt steigt, wird dies oft als Zeichen eines anhaltenden Aufwärtstrends betrachtet. Umgekehrt kann ein fallender Durchschnitt, unter dem der Kurs liegt, auf einen Abwärtstrend hinweisen.
- Unterstützungs- und Widerstandsniveaus: Oftmals agieren gleitende Durchschnitte als Unterstützungs- oder Widerstandsniveaus. Ein Kurs kann zum Beispiel mehrmals auf einen gleitenden Durchschnitt “aufprallen”, bevor er ihn durchbricht.
- Signal für den Kauf oder Verkauf durch Kreuzungen: Wenn zwei verschiedene gleitende Durchschnitte (z.B. ein 50-Tage-SMA und ein 200-Tage-SMA) sich kreuzen, wird dies oft als Handelssignal betrachtet. Ein häufiges Signal ist das “Golden Cross”, bei dem ein kürzerer gleitender Durchschnitt (z.B. 50 Tage) einen längeren gleitenden Durchschnitt (z.B. 200 Tage) von unten nach oben durchkreuzt. Dies könnte ein bullisches Signal sein. Das Gegenteil, das “Death Cross”, tritt auf, wenn der kürzere Durchschnitt den längeren von oben nach unten durchkreuzt, und könnte ein bearishes Signal sein.
- Filter für Marktlärm: Tagespreise können sehr volatil sein und manchmal ist es schwer, den zugrundeliegenden Trend aus dem täglichen “Rauschen” herauszulesen. Ein gleitender Durchschnitt glättet diese Daten und gibt ein klareres Bild des Gesamttrends.
- Momentum und Reversionsstrategien: Einige Trader verwenden Abweichungen vom gleitenden Durchschnitt, um überkaufte oder überverkaufte Zustände zu identifizieren. Wenn eine Aktie zu weit von ihrem gleitenden Durchschnitt abweicht, könnte dies auf eine kurzfristige Umkehr hinweisen.
- Stop-Loss setzen: Gleitende Durchschnitte können auch dazu verwendet werden, Stop-Loss-Niveaus zu setzen. Ein Trader könnte zum Beispiel entscheiden, eine Position zu schließen, wenn eine Aktie unter ihrem 200-Tage-SMA schließt.
- Zeitrahmenanalyse: Durch die Verwendung von gleitenden Durchschnitten über verschiedene Zeiträume (z.B. 50 Tage, 100 Tage, 200 Tage) können Trader verschiedene Zeitrahmen analysieren und so umfassendere Einblicke in den Markt erhalten.
Trendbestätigung
- Aufwärtstrend (bullischer Trend): Ein aufsteigender gleitender Durchschnitt, insbesondere wenn der Marktpreis oberhalb des gleitenden Durchschnitts liegt, deutet auf einen Aufwärtstrend hin. Dies bestätigt, dass die Kurse insgesamt steigen. Je länger der Zeitraum des gleitenden Durchschnitts ist (z.B. 200-Tage im Vergleich zu 50-Tage), desto stärker und nachhaltiger ist die Trendbestätigung.
- Abwärtstrend (bärischer Trend): Ein fallender gleitender Durchschnitt, bei dem der Marktpreis darunter liegt, deutet auf einen Abwärtstrend hin. Dies zeigt, dass die Kurse insgesamt fallen. Auch hier bietet ein längerer Zeitraum des gleitenden Durchschnitts eine stärkere Trendbestätigung.
- Seitwärtstrend (Range-Bound): Wenn der gleitende Durchschnitt flach ist oder sich horizontal bewegt und der Preis um den Durchschnitt herum oszilliert, deutet dies auf einen Seitwärtstrend hin. Das bedeutet, dass es keine klare Richtung im Markt gibt und die Kurse weder deutlich steigen noch fallen.
Bedeutung der “Lag”
Gleitende Durchschnitte haben einen inhärenten “Lag” oder eine Verzögerung. Das bedeutet, dass sie nicht sofort auf aktuelle Preisänderungen reagieren, sondern stattdessen einen Durchschnitt über einen bestimmten Zeitraum darstellen. Dieser Lag kann tatsächlich als Vorteil betrachtet werden, wenn es darum geht, Trends zu bestätigen. Ein kurzfristiger Preisanstieg oder -abfall wird den gleitenden Durchschnitt nicht drastisch beeinflussen. Erst wenn dieser Preisanstieg oder -abfall über einen längeren Zeitraum anhält, wird der gleitende Durchschnitt entsprechend reagieren. Dies hilft dabei, kurzfristigen “Rauschen” oder vorübergehenden Preisschwankungen entgegenzuwirken und den wahren Trend zu erkennen.
Kombination verschiedener gleitender Durchschnitte
Viele Techniker verwenden zwei oder mehr gleitende Durchschnitte (z.B. 50-Tage und 200-Tage) auf demselben Chart, um Trendbestätigungen zu stärken. Wenn ein kürzerer gleitender Durchschnitt (schneller) einen längeren gleitenden Durchschnitt (langsamer) von unten nach oben durchkreuzt, kann dies als Bestätigung eines neuen Aufwärtstrends gesehen werden. Das Umgekehrte gilt für bärische Trends.
Investment Stategien mit gleitenden Durchschnitten
Links:
- Ralf Fayad – GRUNDANNAHMEN DER TECHNISCHEN ANALYSE, TEIL 5: GLEITENDE DURCHSCHNITTE
- Galen Woords – Der gleitende Durchschnitt (Moving Average) im Trading: Erklärung und bewährte Strategien (2023)
- Wendelin Probst – Der Gleitende Durchschnitt – so bestimmen Sie die Richtung des Trends
- Moving Averages Stuff |