Geschlechter

Ein-Geschlecht-Modell (Galen von Pergamon)

Das Ein-Geschlecht-Modell von Galen von Pergamon ist eine Theorie, die im 2. Jahrhundert n. Chr. von dem griechischen Arzt und Philosophen Galen entwickelt wurde. Galen vertrat die Auffassung, dass es im menschlichen Körper nur ein Geschlecht gibt, das er als das „reine“ Geschlecht bezeichnete. Dieses reine Geschlecht war in seinen Augen das männliche Geschlecht, während das weibliche Geschlecht als eine „verminderte“ oder „minderwertige“ Form des männlichen Geschlechts betrachtet wurde. Galens Ein-Geschlecht-Modell stützte sich auf die anatomischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen und war Teil der damals weitverbreiteten Vorstellung, dass Frauen körperlich und geistig schwächer als Männer sind. Nachdem Galen seine Theorie entwickelt hatte, wurde sie von vielen anderen Ärzten und Philosophen übernommen und weiterverbreitet. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Ein-Geschlecht-Modell zu einem wichtigen Bestandteil der medizinischen und philosophischen Lehren in Europa und beeinflusste die Vorstellungen über die Stellung der Frau in der Gesellschaft. Bis ins 18. Jahrhundert blieb das Ein-Geschlecht-Modell ein wichtiger Teil der medizinischen und philosophischen Lehren, auch wenn es immer wieder von anderen Theorien und Ansätzen herausgefordert wurde. Erst im 19. Jahrhundert begann sich das Ein-Geschlecht-Modell allmählich zu verlieren, als die Wissenschaft immer mehr Fortschritte machte und die Unterschiede zwischen Männern und Frauen genauer untersucht wurden.

Zwei-Geschlechter-Modell (Thomas Laquer)

Das Zwei-Geschlechter-Modell von Thomas Laqueur ist eine Theorie, die im 20. Jahrhundert von dem amerikanischen Historiker und Kulturwissenschaftler Thomas Laqueur entwickelt wurde. Laqueur vertrat die Auffassung, dass es im menschlichen Körper zwei Geschlechter gibt, das männliche und das weibliche Geschlecht, die sich in ihren anatomischen und physiologischen Eigenschaften unterscheiden. Laqueur betonte, dass die Unterschiede zwischen Männern und Frauen nicht nur biologischer Natur sind, sondern auch von sozialen und kulturellen Faktoren beeinflusst werden. Seine Theorie stellt einen Gegensatz zu älteren Theorien wie dem Ein-Geschlecht-Modell von Galen dar, die davon ausgehen, dass es im menschlichen Körper nur ein Geschlecht gibt. Laqueur argumentierte, dass die Geschlechterungleichheiten in der Gesellschaft nicht durch biologische Unterschiede verursacht werden, sondern durch die traditionellen Rollenbilder und Vorstellungen über Männlichkeit und Weiblichkeit, die in unserer Kultur verankert sind. Seine Theorie stellt daher eine Herausforderung für die traditionellen Vorstellungen dar und unterstützt die Forderung nach Gleichberechtigung und Chancengleichheit für Frauen.

„Drittes Geschlecht“

Dass die strikte Zweiteilung der Geschlechter nicht in Stein gemeißelt ist, haben schon vor Laqueur verschiedene Denker aufzuzeigen versucht. Einen wichtigen Beitrag leistete beispielsweise die Feministin Simone de Beauvoir, die schon 1949 sagte: «Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es» . Einige Jahre später waren es dann der Sexualwissenschaftler und Psychologe John Money sowie die Feministin Gayle S. Rubin, die diesen Überlegungen einen Namen gaben. Money mit den Begriffen gender role (was man gegen aussen zeigt) und gender identity (wie man sich wahrnimmt). Rubin mit dem sex-gender-system, in dem sie erstmals zwischen biologischem sex und sozial konstruiertem gender unterscheidet. Diese Unterscheidung ist heute einer breiten Öffentlichkeit bekannt.

Unterscheidung zwischen Sex und Gender

Der Unterschied zwischen Sex und Gender ist, dass Sex die biologischen Merkmale (Chromosomensatz) einer Person beziehungsweise ihre körperliche Zusammensetzung als männlich oder weiblich bezeichnet, während Gender die sozialen und kulturellen Aspekte der Geschlechtsidentität einer Person (Sozialisierung) umfasst. Im Allgemeinen werden die Geschlechterrollen, Verhaltensweisen und Eigenschaften, die in einer Gesellschaft als männlich oder weiblich gelten, als Gender bezeichnet. Es ist wichtig zu verstehen, dass Sex und Gender nicht immer übereinstimmen und dass es eine Vielzahl von Geschlechteridentitäten gibt.

Queer-Theorie

Die Queer-Theorie ist ein interdisziplinäres akademisches Feld, das sich mit der Analyse und Kritik der Geschlechterrollen, -identitäten und -normen in der Gesellschaft befasst. Die Queer-Theorie betrachtet die Konzepte von Geschlecht und Sexualität als soziale Konstrukte, die im Laufe der Geschichte und in verschiedenen kulturellen Kontexten variieren. Die Queer-Theorie zielt darauf ab, die heteronormativen Vorstellungen von Geschlecht und Sexualität in Frage zu stellen und Pluralität und Vielfalt in diesen Bereichen zu fördern. Die Queer-Theorie entstand in den 1990er Jahren aus der LGBT-Bewegung und der feministischen Theorie.

In der Queer-Theorie wird die Unterscheidung zwischen Sex und Gender als konstruiert und kulturell bedingt betrachtet. Die Queer-Theorie geht davon aus, dass die biologischen Merkmale, die als männlich oder weiblich gelten, keine universelle Bedeutung haben und dass die Geschlechterrollen, -identitäten und -normen in verschiedenen kulturellen Kontexten variieren. Die Queer-Theorie betont die Bedeutung von Pluralität und Vielfalt in Bezug auf Geschlecht und Sexualität und lehnt binäre Denkmuster ab, die die Existenz von nur zwei Geschlechtern unterstützen. So beruht nach Candace West und Don H. Zimmermanns Arbeit von 1987 das Geschlecht (sex) zwar auf biologischen Kriterien, diese wurden aber von der Gesellschaft als geschlechtsbestimmend auserwählt. Es sind gesellschaftlich geprägte Interpretationen, die bestimmte Merkmale des Körpers zur Geschlechterunterscheidung heranziehen [2]. Das soziale Geschlecht (gender) sei ausserdem keine Eigenschaft, sondern etwas, das in einem fortlaufenden Herstellungsprozess, der durch jede unserer Handlungen vollzogen wird, entstehe (Doing Gender) [11].

Das dritte Geschlecht in der österreichischen Rechtsprechung (VfSlg 20.258/2018)

Mit dem Urteil (VfSlg 20.258/2018) beantragte eine zwischengeschlechtliche Person eine Änderung des Eintrags im Personenregister. Der VfGH veranlasste eine Prüfung auf Verfassungsmäßigkeit im Hinblick auf Art. 8 MRK (Recht auf individuelle Geschlechtsidentität) und kann zum Erkenntnis „Der von § 2 Abs. 2 Z 3 PStG 2013 verwendete Begriff des Geschlechts ist so allgemein, dass er sich ohne Schwierigkeiten dahingehend verstehen lässt, dass er auch alternative Geschlechtsidentitäten miteinschließt.“. Das Personenstandsgesetz musste wegen des VfGH-Entscheids nicht korrigiert werden. Das Geschlecht muss weiterhin erfasst werden, aber die Einschränkung auf männlich/weiblich entfällt. Dieses Urteil stellt die Aufgabe des binären Geschlechts-Codes dar.

weiterführende Informationen

Gleichheit der Geschlechter

Was ist Gleichheit?

Der Begriff Gleichheit hat im juristischen Sinn mehrere Bedeutungen. Zum einen wird auf die faktische Gleichheit abgestellt, dazu kommt aber auch die Gleichbehandlung, in dem auf Schwächen und Besonderheiten eingegangen wird. Auch werden darunter Maßnahmen verstanden, die zur Gleichstellung (positive Diskriminierung) beitragen.

Rechtsgrundlagen – Garantien für Gleichheit

  • Völkerrecht CEDAW
  • Verfassungsrecht – Verfassungsrechtlicher Schutz wird durch den Rechtsschutz vor dem VfGH garantiert als auch durch die Bindung von Gesetzgebung und Vollziehung an die Grundrechte.
  • Unionsrecht
  • Einfaches Recht

Art 7 B-VG (zentale Norm)

Art 7 B-VG wird als zentrale Norm hinsichtlich Gleichheit im Verfassungsrecht angesehen. Gleichheit und Gerechtigkeit gehen einander her. Gleichheit sei ein Ausdruck von materieller Gerechtigkeit. Fast 90% aller VfGH-Grundrechtefälle betreffen Art 7 B-VG.

Anmerkung: zur detailierten Geschichte des Gleichheitsgrundsatzes in Österreich (siehe Markus Vasek – Grundsätze der Gleichheit und der Nichtdiskriminierung, 2020)

Mit BGBl I 1998/68 wurde Art 7 Abs. 2 und Abs. 3 als Resultat des Frauenvolksbegeherens 1997 eingeführt.

Urteile

Anfänge: Der allgemeine Gleichheitssatz wende sich nur gegen Ungleichbehandlungen nach subjektiven, in der Person gelegenen Merkmalen, wie den in Artikel 7 exemplarisch aufgezählten Eigenschaften der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses. Derartige Differenzierungen waren nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs zwar nicht absolut, aber doch grundsätzlich verboten und nur ausnahmsweise aus wichtigen Gründen erlaubt. Knüpfe der Gesetzgeber hingegen an objektive Merkmale an, so sei dies von vornherein unbedenklich, Art. 7 Abs. 1 B-VG also, wie es schien, gar nicht anwendbar. (zB Z.B. VfSlg 1318/1930,1335/1930,1396/1931)

  • VfSlg 1526/1947 – Tabak-Rationalisierung [RS | TE ]
  • VfSlg 7461/1974 – VLBG Hauswirtschaftsschule [RS | TE]
  • VfSlg 12.128/1989 – Schutzalter der Homosexualität [RS | TE]
  • VfSlg 12.830/1991 – Geschlecht und Wehrpflicht [RS | TE]
  • Geschäftszahl B530/2013 (27.09.2014) – Aufnahme Test [RS | TE]
  • VfSlg 13.373/1993 – Magistra-Erkenntnis [RS | TE]
VfSlg 1526/1947 – Tabak-Rationalisierung (Art 7 Abs. 1 B-VG)
  • SV: Die Bomben des 2. WK haben in Wien alles zerstört. Die rote Armee rückt ein. Die Männer sind aber noch im Krieg oder auch noch in Gefangenschaft. Frauen und Kinder sowie alte Leute sind hauptsächlich in der Stadt (Trümmerfrauen). Diese fangen an, die Stadt wieder aufzubauen. Für diese Arbeiten sind aber nur faktisch weniger Männer vorhanden. Tabak gab es zu dieser Zeit nur wenig, weswegen er auch rationiert werden muss. Frauen sollten weniger Tabak erhalten als Männer.
  • VfGH: Der VfGH akzeptierte damals die Ungleichbehandlung. Die Erklärung fand er in der Erfahrung des täglichen Lebens, dass Frauen weniger Rauchen als Männer und daher auch weniger Zigaretten benötigen. Der VfGH meinte, dass weniger zu rauchen, in der Natur des weiblichen Geschlechts lag.
VfSlg 7461/1974 – VLBG Hauswirtschaftsschule (Art 7 Abs. 1 B-VG)
  • SV: In Vorarlberg wurden Frauen nach der 9. Schulstufe ausgeschult. Es gab aber eine spezielle Schulpflicht für Frauen. In der sogenannten Haushaltsschule lernten Frauen die Haushaltsführung. Ein Mädchen wollte nicht in diese Schule gehen, auch der Vater zwang sie nicht. Aus diesem Grund wurde eine Verwaltungsstrafe verhängt, welche dann nicht bezahlt sondern der Fall dem VfGH vorgelegt wurde.
  • VfGH: Die Ungleichbehandlung ist in Ordnung. Frauen sind typischerweise im Haushalt tätig und junge Frauen sollen auch vor der Arbeitslosigkeit geschützt werden. Vorarlberg war damals ein armes Land. („Unterschied im Tatsächlichen)
  • Entwicklung: Erst 1996 fällt diese Regelung aber nicht wegen der Ungleichbehandlung von Mann und Frau sondern wegen der Ungleichbehandlung im Schulsystem zwischen Vorarlberg und den anderen Bundesländern.
  • Der VfGH hat in seiner Rechtsprechung klargestellt, dass länderweise unterschiedliche Bestimmungen in Bundesgesetzen am Maßstab des Gleichheitssatzes zu messen sind (VfSlg. 7461/197411.641/198813.917/1994)
VfSlg 12.128/1989 – Schutzalter der Homosexualität (Art 7 Abs. 1 B-VG)
  • SV: § 209 StGB aF sah eine Strafbarkeit von homosexuellen Handlungen männlicher Jugendlicher vor. Dagegen gab es keine Strafbarkeit für vergleichbare Handlungen von weiblichen Jugendlichen. Die Bundesregierung ließ eine negative Einstellung gegenüber Homosexualität erkennen, indem sie meinte, dass die homosexuelle Einflussnahme männliche Heranreifende in signifikant höherem Maße gefährdet als gleichaltrige Mädchen.
  • VfGH: Die Ermittlung strafbarer homosexueller Handlungen zwischen Frauen gestaltet sich als schwierig. Der VfGH sah die Grenze zwischen freundschaftlichen Berührungen und Zärtlichkeitsbezeugungen als fließend an. Er meint, dass es auch oftmals im Zuge von Hilfeleistungen bei der Körperpflege zur Berührungen kommen kann.
  • Entwicklung: 45330/99 (Fall S.L. v. Österreich) => Angleichung des Schutzalters für Männer (Aufhebung von § 209 StGB – BGBl I 134/2002) => neuer § 207b StGB
VfSlg 12.830/1991 – Geschlecht und Wehrpflicht (Art 7 Abs. 1 B-VG)
  • SV: § 15 WehrG 1990 sieht eine Wehrpflicht für Männer vor. Es kam daraufhin zu einer Beschwerde
    von einer Frau gegen einen abweisenden Bescheid. Verfassungsrechtlich verankert in § 9a Abs 3 B-VG
    ist auch lediglich eine Wehrpflicht für Männer.
  • VfGH: Der VfGH sah die sachliche Rechtfertigung in Art 9a Abs 3 B-VG. Er legte dem Gesetzgeber aber
    einen Gestaltungsspielraum in die Hände, ob eine freiwillige Wehrpflicht vorgesehen wird oder nicht.
    Daraufhin kam es zu einer Reform des Art 9a Abs 3 B-VG, in dem ein 2. Satz hinzugefügt wurde, der
    einen freiwilligen Wehrdienst für Frauen vorsieht.
Geschäftszahl B530/2013 (27.09.2014) – Aufnahme Test (Art 7 Abs. 2 B-VG)
  • SV: Bei den Aufnahmetests der MedUni Wien kam es zu einem strukturell schlechteren Abschneiden von Frauen. Als Lösung dieses Problems, wurde eine unterschiedliche Auswertung je nach Geschlechtder Bewerber im Studienjahr 2012/13 eingeführt. Dies wurde auf Basis einer Verordnung auf Grundlage des UG 2002 gültig. Die Folge war, dass Männer trotz gleicher oder höherer Punkteanzahl bei Testergebnissen abgewiesen wurde. Daraufhin kam es zu einer Klage von abgewiesenen Männernauf Grundlage von § 139 B-VG.
  • VfGH: Der VfGh erkannte, dass es besondere Gründe dafür geben muss, damit eine Differenzierung nach dem Geschlecht gerechtfertigt werden kann, und damit keine Diskriminierung darstellt. Als Rechtfertigung wurde Art 7 (2) B-VG angeführt, wonach Maßnahmen zur Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten zulässig sind. Die Regelung wird daher als verfassungskonform angesehen.
VfSlg 13.373/1993 – Magistra-Erkenntnis (Art 7 Abs. 3 B-VG)
  • SV: Es wurde ein Antrag auf Verleihung des akademischen Grades „Magistra der Rechtswissenschaft“ gestellt. Das Akademische Senat der Uni Wien erließ daraufhin einen ablehnenden Bescheid.
  • VfGH: Der VfGH erkannte, dass der geschlechtsneutrale Gebrauch der männlichen Sprachform zulässig ist. Damit stellt der ablehnende Bescheid keine Verfassungswidrigkeit dar. Art 7 (3) B-VG enthält bloß das Recht auf Verwendung des Titels in weiblicher Form, nicht aber besteht ein Anspruchauf Verleihung von demselben. Als Folge kam es zu umfangsreichen Gesetzesnovellen. Der einfache Gesetzgeber erlaubt nun auch die Verleihung von akademischen Graden in weiblicher Form.

weiterführende Literatur:

Art 14 EMRK

In ihrem Artikel 14 sichert die Europäische Menschenrechtskonvention Jedermann die diskriminierungsfreie Ausübung der in der Konvention garantierten Menschenrechte und Grundfreiheiten zu. Dabei verbietet die Menschenrechtskonvention in Ansehung der Menschenrechte jedwede Diskriminierung, gleich aus welchem Grund.

Allerdings enthält Artikel 14 der Menschenrechtskonvention kein allgemeines Diskriminierungsverbot. Art. 14 EMRK verbietet nur eine Diskriminierung im Hinblick auf die gewährleisteten Menschenrechte und Grundfreiheiten, verhält sich im übrigen aber ausdrücklich nicht zur Frage eines Allgemeinen Diskriminierungsverbot. Dies ändert sich erst mit dem im Jahr 2000 in Rom verabschiedeten 12. Protokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention, dass ein allgemeines Diskriminierungsverbot einführt.

Protokoll Nr. 12 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über das Diskriminierungsverbot (4. Nov. 2000) – Artikel 1 – Allgemeines Diskriminierungsverbot:

(1) Der Genuss eines jeden gesetzlich niedergelegten Rechtes ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten.

(2) Niemand darf von einer Behörde diskriminiert werden, insbesondere nicht aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe.

Das 12. Zusatzprotokoll benötigt ebenso wie Art 14 Bezug auf ein anderes Recht. Darüber hinaus ist es von Österreich noch nicht ratifiziert.

Das Diskriminierungsverbot des Art. 14 EMRK gilt namentlich für eine Diskriminierung aufgrund

  • des Geschlechts,
  • von Rasse und Hautfarbe,
  • der Sprache,
  • der Religion oder Weltanschauung,
  • einer politischen Anschauung,
  • der Nationalität,
  • der sozialen Herkunft oder des Vermögens,
  • der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit,
  • der Geburt oder eines Standesrechts,

Diese in Artikel 14 EMRK enthaltene Aufzählung ist allerdings nicht abschließend („insbesondere“). Die Menschenrechtskonvention gewährleistet die Menschenrechte und Grundfreiheiten vielmehr vollständig diskriminierungsfrei, gleich auf welcher Grundlage die Diskriminierung fußt.

Von dieser diskriminierungsfreien Gewährleistung der Menschenrechte und Grundfreiheiten kennt die Menschenrechtskonvention nur eine Ausnahme, die in Artikel 16 normiert ist. Hiernach ist eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit insoweit möglich, wie die Beschränkung der politischen Betätigung ausländischer Mitbürger im Raum steht.

Art 21 GRC [Charta der Grundrechte der EU] (Nichtdiskriminierung)

Artikel 21 und Artikel 23 der Charta der Grundrechte der EU (GRC) befassen sich beide mit dem Recht auf Nichtdiskriminierung. Artikel 21 GRC betrifft das allgemeine Recht auf Nichtdiskriminierung, das besagt, dass jede Person das Recht hat, aufgrund bestimmter Kriterien, wie zum Beispiel Rasse, Hautfarbe, Religion, nationale oder ethische Herkunft, Geschlecht, Alter, Behinderung, sexueller Orientierung oder sozialer Herkunft, nicht benachteiligt oder diskriminiert zu werden.

Artikel 21 und Artikel 23 GRC stehen in einer engen Beziehung zueinander, da beide das Recht auf Nichtdiskriminierung betreffen. Während Artikel 21 das allgemeine Recht auf Nichtdiskriminierung festlegt, konzentriert sich Artikel 23 speziell auf die Gleichbehandlung von Männern und Frauen.

Bei den beiden Artikeln handelt es sich um unmittelbare anwendbares Recht, wobei Art 21 subsidiär zur Anwendung kommt, dh. wenn kein spezielleres Gesetz Anwendung findet. (Art 21 und 23 dem allgemeinen Gleichheitsgebot des Art 20 als leges specialis vor, Art 23 geht wiederum dem Art 21 als lex specialis vor, jedoch werden alle drei Normen vom EuGH gleichwertig nebeneinander geprüft, ohne dass er dabei näher auf das Spezialitätsverhältnis eingeht.)

Theresa Wiegele – Das Recht auf Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf nach Art 12 EU-GRC am Beispiel des EUGH Urteils in der Rechtssache Cresco Gegen Achatzi (C-193-17)

Art 157 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union)

Seit 1957 ist der Grundsatz, dass Männer und Frauen gleiches Entgelt für gleiche Arbeit erhalten sollten, in den EU-Verträgen verankert (aktuell: Artikel 157 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)). Gemäß Artikel 153 AEUV kann die EU generell auf dem Gebiet der Chancengleichheit und Gleichbehandlung im Bereich Beschäftigung tätig werden. Darüber hinaus sind innerhalb dieses Rahmens nach Artikel 157 AEUV positive Maßnahmen zur Stärkung der Rolle der Frau möglich. Ferner können gemäß Artikel 19 AEUV Rechtsvorschriften zur Bekämpfung jeglicher Form von Diskriminierung, unter anderem aufgrund des Geschlechts, erlassen werden.
Auf Art 157 AEUV kann man sich direkt berufen, da sich daraus ein unmittelbar anwendbarer Rechtsanspruch ergibt. Somit können Arbeitnehmer sich dementsprechend vor den Gerichten unmittelbar auf die Vorschrift berufen und haben im Fall eines Verstoßes einen Anspruch auf das Entgelt, das die nichtdiskriminierten Arbeitnehmer erhalten (siehe Rechtssache C-624/19 vom 3.6.2021 „Tesco Stores“) .

Art 19 AEUV hingegen ist die Rechtsgrundlage für die Zuständigkeit der EU um Vorkehrungen zu treffen (Kompetenzgrundlage), um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.

Quelle

CEDAW (Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau)

CEDAW ist die Abkürzung für „Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der FrauConvention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women, ein internationales Abkommen der Vereinten Nationen, das 1979 verabschiedet wurde. Es zielt darauf ab, die Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen zu fördern und zu gewährleisten. Das Abkommen enthält eine Reihe von Bestimmungen und Empfehlungen, die von den ratifizierenden Staaten in nationales Recht umgesetzt werden sollen. Die CEDAW ist das umfassendste internationale Instrument zur Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.

Zentrales Element der CEDAW ist eine umfassende Gleichbehandlungsverpflichtung, die auch faktische Bereiche betrifft. Sie enthält ein spezielles Diskriminierungskonzept auf der Basis von “gender“ (Rollenzuschreibung, die eine bestimmte Geschlechtsgruppe stärker betrifft als die andere). Und auch eine Verpflichtung der Vertragsstaaten sowohl im Bereich der Gesetzgebung als auch in der Vollziehung. Es wird aber auch ein Tätigwerden im privaten Bereich wie Arbeitsplatz oder Familie gefordert.

Durch das Inkrafttreten des Fakulativprotoklls zu CEDWA gibt es zwei Verfahren:

  • Individualbeschwerdeverfahren – gegen einen Staat entgegennehmen, sofern der betreffende Staat das Fakultativprotokoll ratifiziert und damit das Beschwerdeverfahren anerkannt hat. In der Beschwerde kann eine Einzelperson oder eine Personengruppe darlegen, warum sie der Meinung ist, durch den Vertragsstaat in einem oder mehreren von CEDAW garantierten Rechten verletzt zu sein. Eine Beschwerde kann auch im Namen von Einzelpersonen oder Personengruppen eingereicht werden, wenn deren Zustimmung vorliegt. Sie muss in schriftlicher Form erfolgen und darf nicht anonym sein. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn davor der innerstaatliche Rechtsweg erschöpft und die Sache noch nicht von einem anderen internationalen Gremium geprüft wurde. Ist eine Beschwerde zulässig, fordert der Ausschuss den Staat zu einer Stellungnahme auf. Nach einer eingehenden Prüfung teilt der Ausschuss dann seine Auffassung mit, ob eine Verletzung vorliegt oder nicht und verbindet diese mit Handlungsempfehlungen an den Staat. Die Empfehlungen des Ausschusses sind zwar rechtlich nicht bindend, dennoch ist der Vertragsstaat dazu aufgefordert, sich damit auseinander zu setzen und innerhalb von sechs Monaten schriftlich darauf zu antworten.
  • Untersuchungsverfahren – Nach Artikel 8 kann der Ausschuss Untersuchungen durchführen, wenn zuverlässige Informationen über schwerwiegende oder systematische Verletzungen von Konventionsrechten in einem Vertragsstaat vorliegen. Vertragsstaaten können bei der Ratifizierung des Fakultativprotokolls die Zuständigkeit des Ausschusses für das Untersuchungsverfahren ablehnen (Artikel 10). Sollte ein Untersuchungsverfahren eingeleitet werden, ist der Vertragsstaat zur Mitwirkung an diesem Verfahren aufgefordert. Das vertrauliche Verfahren endet mit einer abschließenden Bewertung und damit verknüpften Empfehlungen durch den Ausschuss.

weiterführende Informationen:

Arbeit und Geschlecht

Gender Pay Gap

Der „Gender Pay Gap“ bezieht sich auf die Diskrepanz zwischen dem durchschnittlichen Gehalt von Frauen und Männern. Diese Diskrepanz kann auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, wie zum Beispiel auf Unterschiede im Bildungsniveau, in der beruflichen Qualifikation oder in der Art und Dauer der Beschäftigung. Der Gender Pay Gap ist ein wichtiger Indikator für die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt und kann auf unterschiedliche Weise gemessen werden. In vielen Ländern gibt es gesetzliche Vorschriften, die die Unternehmen verpflichten, den Gender Pay Gap offenzulegen und Maßnahmen zu ergreifen, um ihn zu verringern.

Teilzeit-Falle

Die „Teilzeit-Falle“ bezieht sich auf die Tatsache, dass viele Frauen in Teilzeitbeschäftigung arbeiten, während Männer eher in Vollzeitbeschäftigung tätig sind. Die Teilzeit-Falle kann für Frauen negative Auswirkungen haben, wie zum Beispiel geringere Einkommen, geringere Rentenansprüche und weniger Karrierechancen. Die Teilzeit-Falle kann auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, wie zum Beispiel auf die hohe Belastung durch die Kombination von Beruf und Familienpflichten, auf ungleiche Verteilung der Betreuungspflichten innerhalb der Familie oder auf mangelnde Flexibilität der Arbeitszeiten.

Gender Pension Gap

Der „Gender Pension Gap“ bezieht sich auf die Diskrepanz zwischen den durchschnittlichen Renten von Frauen und Männern. Diese Diskrepanz kann auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, wie zum Beispiel auf Unterschiede im durchschnittlichen Einkommen während des Erwerbslebens, auf Unterbrechungen der Beschäftigung aufgrund von Familienpflichten oder auf unterschiedliche Lebenserwartungen von Frauen und Männern. Der Gender Pension Gap ist ein wichtiger Indikator für die Gleichstellung von Frauen und Männern im Rentensystem und kann auf unterschiedliche Weise gemessen werden. In vielen Ländern gibt es gesetzliche Vorschriften, die die Rentenversicherungsträger verpflichten, den Gender Pension Gap offenzulegen und Maßnahmen zu ergreifen, um ihn zu verringern.

Nachtarbeitsverbot

  • Kurze Geschichte zur Nachtarbeit in Ö
    • 1985 Verbot der Nachtarbeit im Bereich der industriellen Produktion (2. Gewerberechtsnovelle – 9 RGBl. Nr. 22/1885)
    • zunehmende Ausbreitung des Verbot der Nachtarbeit
    • Internationale Arbeitsorganisation (ILO) 1919 gegründet – 1946 in UN eingegliedert
      1919: Übereinkommen Nr. 4 über die Nachtarbeit der Frauen (1924 ratifiziert – BGBl. Nr. 226/1924)
      1948: Übereinkommen Nr. 89 über die Nachtarbeit der Frauen im Gewerbe (1950 ratifiziert – BGBl. Nr. 229/1950) – ersetzt Übereinkommen Nr. 4
      1990: Übereinkommen NR. 171 über die Nachtarbeit (sowohl für Männer als auch Frauen) (von Ö nicht ratifiziert)
    • bis 2002 – Nachtarbeitsverbotsgesetz (FrNArbG) – durch EU-Nachtarbeits-Anpassungsgesetz (BGBl. I. Nr. 122/2002) – geschlechtsneutrale Regelung, die mit RL 70/207/EWG konform ist.
    • 14.9.2006 – Vorbehalt zu Art. 11 CEDAW zurückgezogen.
  • Nachtarbeitsverbot I (VfSlg 11.774/1988)
    • SV: Der § 9 BäckereiarbeiterG sah ein Nachtarbeitsverbot von Frauen vor. Verboten war eine Beschäftigung zwischen 20 und 5 Uhr. Es kam zu einer Klage eines Unternehmens.
    • VfGH: Der VfGH will die Frauen vor einer Doppelbelastung schützen. Es wird ein Druck auf Frauen ausgeübt, da diese lieber in der Nacht arbeiten um am Tag die Kinder zu betreuen. Hierbei wird aber kein Unterschied zwischen kinderlosen Frauen gemacht, auch diese dürfen in der Nacht nicht arbeiten.
  • Nacharbeitsverbot II (VfSlg 13.038/1992)
    • SV: In diesem Fall wurde das Frauen-Nachtarbeitsgesetz bekämpft. Es wurde ein Gesetzesprüfungsantrag von Arbeitnehmerinnen gestellt, welche durch das Gesetz einen Eingriff in die Erwerbfreiheit sahen.
    • VfGH: Auch hier sah der VfGH als zentrales Argument den Schutz vor Doppelbelastung. Es kommt aber trotzdem zu einem Wandel im traditionellen Rollenbild. Dieses weicht allmählich einem partnerschaftlichen Verhalten, indem auch der Mann mit der Kindererziehung betraut wird.
    • ILO-Verträge (Internationale Arbeitsübereinkommen) des Völkerrechts: In diesen Verträgen wird ebenfalls ein gesetzliches Nacharbeitsverbot für Frauen normiert. Die Kündigungsfrist dieser Verträge beträgt 10 Jahre.
    • Mit dem Beitritt zur EU wurde das Arbeitsrecht an den europäischen Rechtsbestand angepasst. Frauen und Männer wurden fast komplett gleichgestellt. Seit 1997 gibt es kein Nachtarbeitsverbot mehr.
  • EuGH (EuGH 25.07.1991, C-345/89, Stoeckel, Slg 1991)
    • EuGH stellte fest, dass „Artikel 5 der Richtlinie 76/207/EWG hinreichend bestimmt ist, um die Mitgliedstaaten zu verpflichten, das Verbot der Nachtarbeit von Frauen – auch wenn davon Ausnahmen bestehen – nicht als gesetzlichen Grundsatz aufzustellen, wenn es kein Verbot der Nachtarbeit von Männern gibt.
    • Argumentation „Doppelbelastung“ – „die Richtlinie nicht zum Gegenstand hat, die internen Verhältnisse der Familie zu regeln oder die Aufgabenverteilung zwischen den Eltern zu ändern.“
    • Richtlinie 76/207 EWG (Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen)
    • Verhältnisses zwischen ILO-Konvention Nr. 89 und EG-Richtlinie: EU vertrat die Ansicht, dass Frankreich entweder das Nachtarbeitsverbot auf Männer ausdehnen müsse, was auch in der ILO-Konvention als Möglichkeit vorgesehen wäre, oder das Frauennachtarbeitsverbot abschaffen und die ILO-Konvention kündigen müsse (nur alle 10 Jahre kündigbar)
    • Konsequenz: Nachtarbeitsverbot steht in Widerspruch zu EU-RL, im Rahmen des Beitritts zu ändern (Übergangsfrist bist 2001 ausverhandelt)
  • weiterführende Literatur

Pensionseintrittsalter

  • Kurze Geschichte zum Pensionseintrittsalter in Ö
    • 1906 Pensionsversicherungsgesetz (PVG) 70 Jahre unabhängig vom Geschlecht (RGBl 1907/1)
    • 1914 (25.06.1914) – geschlechtsabhängige Differenzierung (5 Jahre = Frauen 65) (RGBl 1914/138) – damit gerechtfertigt, dass das damalige Hinterbliebenenpensionsrecht für Männer und Frauen unterschiedlich geregelt (dh. es gab Wittwenpension, aber keine Wittwerpension)
    • 1928 – Angestelltenversicherungsgsetzt – Differnezierung (65/60) (BGBl 1928/232)
    • 1939 – deutsches Reichversicherungsrecht (65/65 – beide gleich) (Einführungsverordnung dRGBl I 1938, 1338 samt Durchführungsverordnungen dRGBl I 1340, 196 und dRGBl 1940, 270)
    • 1947 – Sozialversicherungs-Überleitungssgesetz (65/65 – beide gleich) (BGBl 1947/142)
    • 21.04.1948 – Herabsetzung der Altersgrenze für weibliche Versicherte und Witwen in der gesetzlichen Rentenversicherung (65/60) (BGBl 1948/80) – Argumentation: Herabsenkung des Anfallsalters auch für Männer aus finanziellen Gründen zu jener Zeit (noch) nicht möglich
    • 1955 – ASVG – umgeänderte Rechtslage (65/60) (BGBl 1955/189) – Argumentation Doppelbelastung
    • 06.12.1990 – Urteil (siehe unten)
    • 1992 – BGBl 832/1992 – BVG-Altersgrenzen
    • 1994 – EU-Beitritt => Anwendung von RL 79/7/EWR und Art 20,21,23 GRC
  • Entscheidung (VflSlg 12.568/1990) (06.12.1990)
    • SV: Das ASVG sieht in § 236 idF BGBl.Nr. 484/1984 ein unterschiedliches Pensionsalter für Frauen und Männer vor. Frauen dürfen/müssen mit dem 60. Lebensjahr in Pension gehen. Es stellt sich das Problem, dass Frauen meist sowieso weniger Pensionsjahre vorweisen können und dann auch noch früher in Pension gehen müssen.
    • VfGH: Der VfGH sieht das unterschiedliche Pensionsantrittsalter als verfassungswidrig an. Eine sachliche Rechtfertigung fehlt, weil kindererziehende Frauen von dieser Regelung nicht begünstigt werden und es gleichzeitigt zu einer Besserstellung von Frauen kommt, die erwerbstätig und kinderlos sind.
      Der VfGH sieht aber, dass das Ergebnis maßgeblich von der Vergleichsgruppe abhängt.
      • Männer vs. Frauen
      • Erwerbstätige Frauen vs. nicht erwerbstätige Frauen
      • Erwerbstätige Frauen und Männer vs. nicht erwerbstätige Frauen
    • zügige Gleichschaltung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters dem Gesetzgeber aber nicht möglich wäre, denn dadurch würde der Schutz des Vertrauens in eine jahrzehntelang in Geltung stehende gesetzliche Unterscheidung leiden (Vertauensschutz)
  • Als Reaktion von der Bundesregierung wurde das BVG über unterschiedliche Altersregelungen geschaffen. Dieses ist einer Prüfung durch den VfGH nicht mehr zugänglich. => Bundesverfassungsgesetz über unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Sozialversicherten (BGBl. Nr. 832/1992)
  • Durch den EU-Beitritt (1994) kam es aber zu einer wesentlichen Änderung, da Europarecht über dem Verfassungsrecht steht. Das europäische Recht stellt auf eine Gleichstellung von Männer und Frauen ab (RL 79/7/EWG), die sich auch auf das Pensionsantrittsalter beziehen muss. Österreich hat aber eine Sonderregelung beansprucht, sodass das Pensionsantrittsalter erst stufenweise angepasst werden muss. Eine Vollendung der Gleichstellung muss erst 2031 vorliegen.
  • Literatur:

Art 157 AEUV – „Gleiches Entgelt für gleiche Leistungen“ – Entscheidungen

Defrenne I-III (EuGH RS 149/77 ET AL.)

  • SV: Belgische Stewardessen wurden mit 40 Lj in Pension geschickt (Männer 60 Lj, Vereinbarung im Arbeitsvertrag). Sie klagte sie vor dem Arbeitsgericht auf Schadenersatz wegen entgangenen Entgelts, entgangener Abfertigung und wegen Rentenansprüchen, die ihr im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen entgingen. Nationale Klage wurde abgewiesen. Dies führte zu einem Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH.
  • EuGH: unmittelbare Horizontalwirkung des Entgeltgleichheitsgebots fest.
  • Art 157 AEUV wurde durch die RL 75/117/EG („Lohngleichheitsrichtinie“) konkretisiert.
  • weiterführende Literatur: Harald, Hartl – Die Abgeltung von gleicher und gleichwertiger Arbeit im Sinne von Art 157 AEUV, S 3 ff

Kleist (EuGH RS C-356/09)

  • SV: Bestimmungen eines österreichischen Tarifvertrags (§ 134 DO.B), wonach Beschäftigte bei Erreichen des Renteneintrittsalters gekündigt werden können, wobei dieses Alter für berufstätige Frauen in Österreich bei 60. Lebensjahren, für berufstätige Männer allerdings erst bei 65. Lebensjahren liegt. Frau Kleist sah hierin einen Verstoß gegen die Richtlinie 76/207/EWG in der durch die RL 2002/73/EG geänderten Fassung im Hinblick auf das dort niedergelegte Verbot einer Benachteiligung wegen des Geschlechts. Dies führte zu einem Vorabentscheidungsersuchen des OGH
  • EuGH: Erwerben Frauen einen Anspruch auf Alterspension mit 60 Jahren, Männer hingegen erst mit 65 Jahren, ist dies eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts.
  • Hinweis: Dieses Urteil bezieht sich auf des DO.B – während VflSlg 12.568/1990 sich auf das ASVG bezieht!

Partnerschaft und Geschlecht

patriachales vs. partnerschaftliches Ehemodell

Das patriachale Ehemodell ist ein traditionelles Ehemodell, bei dem der Mann als Hauptverdiener und Familienoberhaupt fungiert und die Frau hauptsächlich für die Betreuung der Familie und den Haushalt zuständig ist. In einem patriachalen Ehemodell werden die traditionellen Geschlechterrollen und -normen gestärkt, wodurch die Gleichstellung von Frauen und Männern eingeschränkt wird.

Das partnerschaftliche Ehemodell hingegen ist ein Ehemodell, bei dem die Partner auf Augenhöhe miteinander leben und Entscheidungen gemeinsam treffen. In einem partnerschaftlichen Ehemodell werden die individuellen Bedürfnisse und Interessen der Partner berücksichtigt und die Verantwortung für Familie und Haushalt wird gleichmäßig auf beide Partner verteilt. Ein partnerschaftliches Ehemodell fördert die Gleichstellung von Frauen und Männern und stärkt die Rollenvielfalt in der Familie.

Gleichgeschlechtliche Ehe in Österreich

Art 8 MRK (family life)

Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) betrifft das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Der Artikel besagt, dass jede Person ein Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens hat und dass staatliche Stellen nicht in dieses Recht eingreifen dürfen, es sei denn, es besteht ein zwingender Grund dafür.

In Bezug auf Homosexualität bedeutet Artikel 8 EMRK, dass jede Person das Recht hat, ihre sexuelle Orientierung frei zu wählen und auszuleben, ohne dass sie dafür benachteiligt oder diskriminiert wird. Der Schutz des Privat- und Familienlebens umfasst auch das Recht auf Gründung einer Familie und die Achtung der Familienbeziehungen von homosexuellen Paaren.

Schalk und Kopf vs. Austria (EGMR, 24.06.2010 – 30141/04)

  • SV: Ein gleichgeschlechtliches Paar möchte eine Ehe nach § 44 EheG abschließen, wobei die Ehe nur Personen unterschiedlichen Geschlechts möglich ist. Die Regierung beantragt die Beschwerde zu streichen, da mit der eingetragenen Partnerschaft ein gleichgestellter Status erreicht werden könnte. Dies wird zurückgewiesen, da die Beschwerdeführer nicht nach dem EPG nicht befugt sind zu heiraten, sondern nur einen ähnlichen Status erreichen können.
  • EuGH
    • keine Verletzung des Art. 12 EMRK, weil hinsichtlich der Ehe zwischen Homosexuellen kein europäischer Konsens besteht und daher die Ehe nicht zwingend auf Homosexuelle erweitert werden muß
    • Art 8 MRK
      • gleichgeschlechtliche Beziehungen fallen unter den Begriff des „Privatlebens“ iSd Art 8 MRK
      • EuGH ist der Meinung, dass ein gleichgeschlechtliches Paar, das in einem gemeinsamen Haushalt lebt und eine stabile de facto-Beziehung führt, genauso unter den Begriff der Familie fällt, wie dies ein verschiedengeschlechtliches Paar tun würde.
      • Eine unterschiedliche Behandlung aufgrund der sexuellen Orientierung muss durch besonders schwerwiegende Gründe gerechtfertigt werden.
      • Österreich hat mit dem EPG eine Möglichkeit geschaffen, einen der Ehe ähnlichen Status zu erreichen.

Gewalt und Geschlecht

Femizide

Als Femizid bezeichnet man die Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts [Wikipedia]

CEDAW: Goekce vs. Austria (CEDAW 005/2006)

  • SV: Sahide Goekce wurde gewürgt und ihr wurde gedroht sie zu töten. Sie erstattete Anzeige beider Polizei, die gem. § 38a Sicherheitspolizeigesetz eine Wegweisung veranlasste. In weitere Folge wurde auch ein Betretungsverbot verhängt. Trotzdem wurde Sahide Goekce ermordet. Da sie wegen der gefährlichen Drohung keine Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung erteilt hat, wurde diese nicht näher verfolgt. Darüberhinaus hat Sahide Goekce gegen ihren Ehemann im Rahmen der Verhandlung wegen Körperverletzung nicht ausgesagt, wodurch der manges Beweisen freigesprochen wurde.
  • Forderung: Gem. Beschwerdeführer stellt dies eine Verletzung der Art. 1, 2, 3 und 5 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau durch den Vertragsstaat sei, da der Vertragsstaat unterlassen habe, alle angemessenen positiven Maßnahmen zu treffen, um Sahide Goekces Recht auf Leben und persönliche Sicherheit zu schützen. § 107 Abs. 4 des Strafgesetzbuches, der die Voraussetzung der Verfolgungsermächtigung vorsehe, soll aufgehoben werden sollte, um die Last dem Staat zu übertragen.
  • Gegenargument: Gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG könne jede Person die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen bekämpfen, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden sei (Individualantrag).
  • Ausschuss: das Verfahren gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG nicht als Rechtsbehelf angesehen werden könnte, der geeignet gewesen sei, einer in Lebensgefahr schwebenden Frau wirksame Abhilfe zu bringen. => Verurteilung
  • Folgen:

Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen

Die Istanbul-Konvention ist ein Übereinkommen der Europäischen Union und des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Das Übereinkommen wurde 2011 in Istanbul unterzeichnet und trat im Jahr 2014 in Kraft. Es ist das erste internationale Instrument, das Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt als Form der Diskriminierung und als Menschenrechtsverletzung betrachtet und umfassende Maßnahmen zu ihrer Verhütung und Bekämpfung vorsieht.

Gewalt in der Familie

Als „Häusliche Gewalt“ werden Gewalttaten bezeichnet, die zwischen Personen geschehen, die in einem gemeinsamen Haushalt leben oder eine enge (familiäre) Beziehung haben oder hatten. Sie umfasst vor allem Gewalt zwischen Eltern und Kindern sowie Partnern und Expartnern.

  • Wegweisung und Betretungsverbot (§ 38a SPG)
    • Die Regelung des Annäherungs- und Betretungsverbotes und der Wegweisung finden sich in § 38a Sicherheitspolizeigesetz (SPG). Die Polizei ist ermächtigt, dem Gefährder das Betreten einer Wohnung (Haus) samt einem Bereich im Umkreis von 100 Metern zu untersagen. Mit dem Betretungsverbot ist das Verbot der Annäherung an die gefährdete Person im Umkreis von 100 Metern verbunden. Zur Durchsetzung des Verbots kann, wenn nötig, auch Zwangsgewalt angewendet werden.
    • Das Annäherungs- und Betretungsverbot wird für 2 Wochen ausgesprochen und dessen Einhaltung innerhalb der ersten 3 Tage von der Polizei überprüft. Wenn innerhalb dieser 2 Wochen bei Gericht eine Einstweilige Verfügung nach §§ 382b und/oder 382e EO beantragt wird, verlängert sich das polizeiliche Betretungs- und Annäherungsverbot auf 4 Wochen. Das gibt dem Gericht Zeit, über den Antrag zu entscheiden und ermöglicht durchgehenden Schutz für die gefährdete Person.
  • Längerfristiger Schutz durch eine Einstweilige Verfügung des Gerichts (§ 382b EO)
    • Wenn die gefährdete Person längerfristigen Schutz vor dem Gefährder benötigt, besteht die Möglichkeit, beim Bezirksgericht des Wohnortes der gefährdeten Person eine Einstweilige Verfügung nach § 382b und/oder § 382e EO zu beantragen. Diese Anträge können ohne Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt selbst eingebracht werden.
    • Einstweilige Verfügung „Schutz vor Gewalt in Wohnungen“:
      • Wenn für die gefährdete Person das weitere Zusammenleben mit dem Gefährder unzumutbar ist, weil er sie körperlich angegriffen oder damit bedroht hat oder sie psychisch erheblich belastet, dann kann sie eine Einstweilige Verfügung nach §382b EO zum „Schutz vor Gewalt in Wohnungen“ beantragen. Vorausgesetzt wird weiters, dass die Wohnung von der gefährdeten Person auch dringend benötigt wird.
      • Diese Einstweilige Verfügung kann für maximal 6 Monate erlassen werden. Wenn allerdings in dieser Zeit eines der im Gesetz aufgezählten Verfahren anhängig gemacht wird, zum Beispiel ein Scheidungsverfahren, kann die Einstweilige Verfügung bis zu dessen Beendigung beantragt werden.
    • Einstweilige Verfügung „Allgemeiner Schutz vor Gewalt“ – Wenn für die gefährdete Person das Zusammentreffen mit dem Gefährder unzumutbar ist, weil er sie körperlich angegriffen oder damit bedroht hat oder ihre psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigt, dann kann sie eine Einstweilige Verfügung nach §382e EO zum „Allgemeinen Schutz vor Gewalt“ beantragen. Vorausgesetzt wird weiters, dass diesem Antrag nicht schwerwiegende Interessen des Gefährders entgegenstehen. Keine Voraussetzung ist, dass die gefährdete Person mit dem Gefährder je zusammengelebt hat.
    • Die Einstweilige Verfügung „Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre“ (Stalking-EV) – Unter bestimmten Voraussetzungen kommt auch eine Einstweilige Verfügung nach §382g EO zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre, die sogenannte Stalking-EV, in Betracht. Wenn nach Verhängung eines Betretungs- und Annäherungsverbotes ausschließlich eine Stalking-EV beantragt wird, ist eine Verlängerung des Betretungs- und Annäherungsverbotes auf 4 Wochen jedoch nicht möglich.

sexuelle Gewalt

Unter sexueller Gewalt versteht man jegliche Form von sexueller Übergriffigkeit oder Aggression, die gegen den Willen oder ohne Zustimmung des Opfers ausgeübt wird. Sexuelle Gewalt umfasst Verbrechen wie Vergewaltigung, sexuelle Belästigung und sexuelle Nötigung.

Sexuelle Gewalt ist eine Form von Gewalt, die gegen Frauen und Mädchen häufiger ausgeübt wird, aber auch Männer und Jungen können Opfer von sexueller Gewalt werden. Sexuelle Gewalt kann von Fremden, aber auch von Bekannten oder Familienmitgliedern ausgeübt werden.

Sexuelle Gewalt kann schwerwiegende körperliche und psychische Folgen für das Opfer haben und verletzt dessen Rechte und Würde. Die Bekämpfung von sexueller Gewalt ist daher ein wichtiges Anliegen und erfordert entsprechende Maßnahmen, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen und die Opfer zu unterstützen und zu schützen.

Vergewaltigung (§ 201 StGB)

Eine Vergewaltigung nach dem österreichischen Strafgesetzbuch liegt dann vor, wenn eine Person durch Gewalt, Freiheitsentziehung oder durch Drohung mit „gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben“ zum Geschlechtsverkehr (Beischlaf oder dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung) gezwungen wird (§ 201 Abs.1 StGB). Typische Tatmittel sind der Einsatz unmittelbarer körperlicher Gewalt (Schläge u.a.), Festhalten oder Einsperren, Drohung durch Einsatz von Waffen (Messer u.a.), aber auch die Betäubung des Opfers. [Q]

Geschlechtliche Nötigung (§ 202 StGB)

Wie bei der Vergewaltigung wird das Opfer auch bei der geschlechtlichen Nötigung gegen seinen Willen (durch Gewalt und gefährliche Drohung) zu sexuellen Handlungen gezwungen. Dabei ist die Drohung bei der geschlechtlichen Nötigung wesentlich weiter gefasst als bei der Vergewaltigung. Sie umfasst beispielsweise auch die Ehre und den höchstpersönlichen Lebensbereich (z.B. Androhen der Veröffentlichung von Nacktaufnahmen). Der wesentliche Unterschied ist aber die Nötigung zu einer „geschlechtlichen Handlung“: Eine geschlechtliche Handlung ist eine intensive, d.h. nicht bloß flüchtige Berührung von Körperstellen, die unmittelbar der Geschlechtssphäre angehören: Dazu zählen die Vagina, der Penis und die Hoden, sowie die entwickelte weibliche Brust und der Schambereich. Zu einer sexuellen Handlung wie bei der Vergewaltigung muss es dabei nicht kommen. [Q]

sexuelle Belästigung (§ 218 StGB)

Darüber hinaus kann eine unfreiwillige sexuelle Handlung als sexuelle Belästigung strafbar sein, und zwar unabhängig vom Alter und einem beruflichen Kontext. Anders als im Arbeitsbereich (§ 6 GlBG) ist eine sexuelle Belästigung nach dem Strafrecht sehr streng gefasst und umfasst eine „geschlechtliche Handlung“, d.h. dass nur intensive Berührungen eines primären oder sekundären Geschlechtsorgans/Geschlechtsmerkmals strafbar sind. Diese Berührungen müssen vom Opfer unerwünscht sein und geeignet sein, Ärgernis auszulösen (z.B. „Begrapschen“).

Zusätzlich sind seit 2016 auch sexuelle Belästigungen strafbar, die zwar keine geschlechtlichen Handlungen darstellen, aber doch die „Würde verletzen“. Darunter fallen intensive Berührungen an Körperstellen, die zwar nicht unmittelbar der Geschlechtssphäre angehören, dieser aber zugeordnet werden, wie z.B. das Gesäß und die Oberschenkel. [Q]

weiterführende Literatur

Anhang

Europäisches Recht und Annahme der Länder