Grundbegriffe

Drei Dimensionen des Politikbegriffes

Der Politikbegriff kann in drei Dimensionen unterteilt werden, die oft als Polity, Politics und Policy bezeichnet werden. Jede Dimension betrachtet einen anderen Aspekt der politischen Realität und hilft dabei, ein umfassenderes Verständnis von Politik zu entwickeln. Hier sind die drei Dimensionen erklärt:

  1. Polity (Form): Polity bezieht sich auf die institutionelle und organisatorische Struktur eines politischen Systems. Es umfasst die formellen und informellen Regeln, Normen und Prinzipien, die das politische Handeln bestimmen und lenken. In einer Demokratie beinhaltet die Polity-Dimension zum Beispiel die Verfassung, die Gewaltenteilung, die politischen Institutionen (wie Parlament, Regierung und Gerichte) und das Wahlsystem. Polity beschreibt also den Rahmen, innerhalb dessen politische Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden.
  2. Politics (Prozess): Politics betrifft den Prozess der politischen Entscheidungsfindung und die Interaktionen zwischen verschiedenen politischen Akteuren. Es beinhaltet die Auseinandersetzung um politische Macht, die Formulierung von politischen Zielen und Strategien sowie die Verhandlung und Kompromissfindung zwischen verschiedenen Interessengruppen. Politics umfasst auch die Aktivitäten von politischen Parteien, Interessenvertretungen, sozialen Bewegungen und Bürgern, die versuchen, ihre Ziele und Anliegen im politischen Prozess durchzusetzen. In dieser Dimension steht der Wettbewerb um politische Macht und Einfluss im Mittelpunkt.
  3. Policy (Inhalt): Policy bezieht sich auf die inhaltlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die von politischen Akteuren getroffen und umgesetzt werden. Es umfasst die konkreten Ziele, Strategien und Programme, die darauf abzielen, gesellschaftliche Probleme zu lösen und politische Visionen zu verwirklichen. Policy betrifft die Themen und Fragen, die auf der politischen Agenda stehen, sowie die Lösungen und Instrumente, die zur Bewältigung dieser Herausforderungen eingesetzt werden. In dieser Dimension geht es um die tatsächlichen politischen Ergebnisse und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Zusammenfassend bieten die drei Dimensionen des Politikbegriffs (Polity, Politics, Policy) einen umfassenden Rahmen für das Verständnis von Politik in all ihren Facetten. Polity bezieht sich auf die institutionelle und organisatorische Struktur des politischen Systems, Politics beschreibt den Prozess der politischen Entscheidungsfindung und Interaktionen zwischen Akteuren, und Policy konzentriert sich auf die inhaltlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die getroffen und umgesetzt werden.

Recht und Politik

Verhältnis von Recht und Politik

Recht und Politik sind zwei miteinander verflochtene Bereiche, die das Funktionieren einer Gesellschaft und eines politischen Systems beeinflussen. Beide sind auf unterschiedliche Weise an der Gestaltung und Umsetzung von Normen und Regeln beteiligt, die das Zusammenleben der Menschen und die Funktionsweise von Institutionen bestimmen. Das Verhältnis zwischen Recht und Politik lässt sich in mehreren Aspekten beschreiben:

  1. Recht als Rahmen für Politik: Recht bildet den institutionellen Rahmen, innerhalb dessen politisches Handeln stattfindet. Es legt die Regeln und Verfahren fest, die die Funktionsweise politischer Institutionen, die Organisation von Wahlen und die Rechte und Pflichten der Bürgerinnen und Bürger bestimmen. Das Recht schafft somit die Grundlage für das politische System und gewährleistet, dass politische Prozesse transparent, gerecht und demokratisch ablaufen.
  2. Politik als Quelle des Rechts: Politik ist der Prozess, durch den Gesetze und Verordnungen entwickelt, verabschiedet und umgesetzt werden. Politische Akteure wie Regierungen, Parlamente und Parteien sind an der Gestaltung von Rechtsnormen beteiligt, indem sie Gesetzesentwürfe einbringen, über sie diskutieren und sie verabschieden. In diesem Sinne ist Politik eine zentrale Quelle des Rechts.
  3. Recht als Instrument der Politik: Recht kann als Instrument der Politik dienen, um politische Ziele und Visionen umzusetzen. Politische Akteure nutzen das Recht, um gesellschaftliche Probleme zu lösen, den sozialen Zusammenhalt zu stärken oder wirtschaftliche Entwicklungen zu fördern. Durch die Verabschiedung und Umsetzung von Gesetzen und Verordnungen geben politische Akteure der Gesellschaft eine bestimmte Richtung und beeinflussen die Lebensbedingungen der Bürgerinnen und Bürger.
  4. Recht als Schutz vor politischer Willkür: Eine der Hauptfunktionen des Rechts ist es, die Bürgerinnen und Bürger vor politischer Willkür und Missbrauch zu schützen. Durch die Festlegung von Grundrechten und Freiheiten sowie die Gewährleistung von rechtsstaatlichen Prinzipien wie Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Gerichte stellt das Recht sicher, dass politische Macht nicht missbraucht wird und die Menschenrechte geachtet werden.
  5. Wechselseitige Beeinflussung von Recht und Politik: Recht und Politik beeinflussen sich gegenseitig in einem ständigen Wechselspiel. Politische Entwicklungen und Entscheidungen können dazu führen, dass bestehende Rechtsnormen geändert oder neue Rechtsnormen geschaffen werden. Umgekehrt kann das Recht politische Prozesse und Entscheidungen beeinflussen, indem es den Handlungsspielraum von politischen Akteuren begrenzt oder erweitert.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Recht und Politik in einem engen Verhältnis zueinander stehen und sich gegenseitig beeinflussen. Beide Bereiche sind entscheidend für das Funktionieren einer Gesellschaft und eines politischen Systems, und sie tragen gemeinsam zur Gestaltung und Umsetzung von Normen und Regeln bei, die das Zusammenleben der Menschen und die Funktionsweise von Institutionen bestimmen. Während das Recht den Rahmen für politisches Handeln bildet und die Bürger vor politischer Willkür schützt, ist die Politik an der Entwicklung und Umsetzung von Gesetzen und Verordnungen beteiligt, um gesellschaftliche Herausforderungen anzugehen und politische Ziele zu verwirklichen. Die wechselseitige Beeinflussung von Recht und Politik trägt dazu bei, dass beide Bereiche im Einklang miteinander stehen und sich gegenseitig ergänzen, um das Gemeinwohl zu fördern und die Rechte und Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger zu schützen.

Demokratie

Demokratie ist eine Staats- und Regierungsform, bei der die politische Macht in den Händen der Bürger liegt und die Entscheidungen über die öffentlichen Angelegenheiten von den Bürgern oder ihren gewählten Vertretern getroffen werden. Der Begriff „Demokratie“ leitet sich vom altgriechischen „dēmokratía“ ab, was „Herrschaft des Volkes“ bedeutet.

Geschichte der Demokratie: Die ersten demokratischen Experimente lassen sich auf das antike Griechenland im 5. Jahrhundert v. Chr. zurückführen, insbesondere auf die Stadtstaaten Athen und Korinth. In dieser frühen Form der Demokratie hatten die Bürger direkte Entscheidungsgewalt über politische Angelegenheiten, indem sie an Volksversammlungen teilnahmen und über Gesetze und politische Maßnahmen abstimmten.

In der Folgezeit entwickelten sich unterschiedliche Demokratieformen, darunter die Römische Republik, die ein Mischsystem aus demokratischen, aristokratischen und monarchischen Elementen darstellte. Die moderne Demokratie begann sich in der Neuzeit mit den politischen Umwälzungen in England, den USA und Frankreich zu entwickeln. Seit dem 20. Jahrhundert breitete sich die Demokratie in vielen Ländern der Welt aus, wobei es auch zu verschiedenen Wellen der Demokratisierung und Rückfällen in autoritäre Regime kam.

Wichtigste Wesensmerkmale der Demokratie:

  1. Volkssouveränität: In einer Demokratie ist das Volk die höchste politische Autorität und besitzt die Macht, über politische Angelegenheiten zu entscheiden, entweder direkt oder durch gewählte Vertreter.
  2. Rechtsstaatlichkeit: Demokratien beruhen auf der Rechtsstaatlichkeit, die die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, die Einhaltung der Menschenrechte und die Unabhängigkeit der Justiz gewährleistet.
  3. Gewaltenteilung: Die Gewaltenteilung ist ein wesentliches Merkmal der Demokratie und beinhaltet die Aufteilung der politischen Macht in Legislative, Exekutive und Judikative, um eine Konzentration von Macht zu verhindern und die gegenseitige Kontrolle der Institutionen zu ermöglichen.
  4. Mehrparteiensystem: Demokratien sind in der Regel durch ein Mehrparteiensystem gekennzeichnet, in dem verschiedene politische Parteien um die Gunst der Wähler konkurrieren und unterschiedliche politische Ideen und Programme repräsentieren.
  5. Freie und faire Wahlen: In einer Demokratie werden die politischen Vertreter in regelmäßigen Abständen durch freie, faire und geheime Wahlen bestimmt, bei denen die Bürger die Möglichkeit haben, ihre politischen Präferenzen ohne Angst vor Repressalien zum Ausdruck zu bringen.
  6. Meinungs- und Informationsfreiheit: Demokratien gewährleisten die Meinungs- und Informationsfreiheit, die es den Bürgern ermöglicht, sich frei über politische Themen zu informieren und ihre Meinungen zu äußern. Eine unabhängige Presse und Medienlandschaft sind dabei wesentliche Elemente, um den freien Fluss von Informationen und Ideen zu gewährleisten.
  7. Schutz von Minderheiten und Grundrechten: Demokratien achten auf den Schutz von Minderheiten und die Anerkennung von Grundrechten. Sie stellen sicher, dass alle Bürger gleiche Rechte und Freiheiten genießen und dass die Rechte von Minderheiten respektiert werden, um eine inklusive und pluralistische Gesellschaft zu fördern.
  8. Partizipation und politische Bildung: Demokratien ermöglichen und fördern die politische Beteiligung der Bürger an Entscheidungsprozessen und legen Wert auf politische Bildung, um das Verständnis für demokratische Werte und Prinzipien zu stärken.
  9. Zivilgesellschaft: Eine lebendige und aktive Zivilgesellschaft ist ein wichtiger Bestandteil einer Demokratie, da sie die Beteiligung der Bürger an politischen Prozessen fördert, Interessen artikuliert und politische Kontrolle ausübt.

Zusammenfassend ist Demokratie eine Staats- und Regierungsform, die auf der Herrschaft des Volkes basiert und eine Vielzahl von Merkmalen aufweist, wie Volkssouveränität, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Mehrparteiensystem, freie und faire Wahlen, Meinungs- und Informationsfreiheit, Schutz von Minderheiten und Grundrechten, Partizipation und politische Bildung sowie eine aktive Zivilgesellschaft. Die Geschichte der Demokratie reicht von den antiken griechischen Stadtstaaten bis zur Ausbreitung moderner Demokratien in der Neuzeit und im 20. und 21. Jahrhundert.

Demokratie ist jene Staatsform, in der die Rechtsordnung mittelbar (durch Wahl von Repräsentanten) und/oder unmittelbar (durch Teilnahme an Sachentscheidungen) von den ihr Unterworfenen erzeugt wird.

HAns Kelsen

Der Politische Prozess in Österreich

Folien „Recht und politisches System“

Die Phasen des politischen Prozesses in Österreich:

  1. Phase: Input (Interessenbildung) In dieser Phase werden Interessen und Meinungen von verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren gebildet. Politische Parteien, Interessensgruppen, NGOs und Bürgerinitiativen entwickeln politische Ideen und Forderungen, die in den politischen Prozess eingebracht werden.
  2. Phase: Input (Interessenvermittlung) Die Interessen und Meinungen werden an politische Institutionen vermittelt, z.B. durch Lobbying, politische Debatten, Petitionen oder öffentliche Meinungsäußerungen. In dieser Phase versuchen die verschiedenen gesellschaftlichen Akteure, ihre Anliegen in den politischen Prozess einzubringen und Entscheidungsträger zu beeinflussen.
  3. Phase: Durchsatz (Politische Entscheidungsfindung) In dieser Phase werden die Interessen und Meinungen in den politischen Institutionen verarbeitet und diskutiert. Der Nationalrat und der Bundesrat, als gesetzgebende Organe, beraten über Gesetzesentwürfe und beschließen Gesetze. Die Bundesregierung, bestehend aus dem Bundeskanzler und den Ministern, ist für die Umsetzung der Gesetze verantwortlich.
  4. Phase: Output (Politische Entscheidungen) In dieser Phase werden die politischen Entscheidungen, die aus dem Entscheidungsprozess hervorgehen, in Form von Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen umgesetzt. Diese Entscheidungen haben direkte Auswirkungen auf die Gesellschaft und beeinflussen das Leben der Bürgerinnen und Bürger.
  5. Phase: Outcome (Politische Wirkungen) Die politischen Wirkungen beziehen sich auf die Auswirkungen der politischen Entscheidungen auf die Gesellschaft. In dieser Phase wird überprüft, ob die umgesetzten Entscheidungen die gewünschten Ziele erreichen und ob sie den Interessen und Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechen.
  6. Phase: Feedback (Rückmeldung an den politischen Prozess) In dieser Phase geben die verschiedenen gesellschaftlichen Akteure Feedback an die politischen Institutionen und Entscheidungsträger. Sie äußern ihre Zufriedenheit oder Unzufriedenheit mit den politischen Entscheidungen und deren Auswirkungen und fordern gegebenenfalls Anpassungen oder Änderungen.

Politisches System in Österreich

Die Grafik zeigt das politische System von Österreich auf Bundesebene und auf Länderebene. Das politische System von Österreich ist föderal, was bedeutet, dass die politische Macht zwischen der Bundesregierung und den neun Bundesländern aufgeteilt ist. Das politische System ist demokratisch und parlamentarisch geprägt.

Die Hauptakteure auf Bundesebene in diesem System sind:

  1. Bundespräsident: Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt von Österreich. Er hat eine vorwiegend repräsentative Funktion, ist jedoch auch für die Ernennung und Entlassung von Regierungsmitgliedern sowie für die Beurkundung von Gesetzen verantwortlich.
  2. Bundesregierung: Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler, dem Vizekanzler und den Bundesministern. Die Regierung ist für die Ausführung von Gesetzen und die allgemeine Verwaltung des Landes zuständig. Der Bundeskanzler ist der Regierungschef und leitet die Regierungsgeschäfte.
  3. Nationalrat: Der Nationalrat ist die erste Kammer des österreichischen Parlaments und besteht aus 183 Abgeordneten, die auf Grundlage des Verhältniswahlrechts gewählt werden. Der Nationalrat ist für die Gesetzgebung auf Bundesebene zuständig und kontrolliert die Arbeit der Regierung.
  4. Bundesrat: Der Bundesrat ist die zweite Kammer des österreichischen Parlaments und vertritt die Interessen der Bundesländer auf Bundesebene. Die Mitglieder des Bundesrats werden von den Landtagen der Bundesländer entsandt. Der Bundesrat hat ein eingeschränktes Mitspracherecht bei der Gesetzgebung und ein suspensives Vetorecht gegenüber dem Nationalrat.
  5. Verfassungsgerichtshof (VfGH) und Verwaltungsgerichtshof (VwGH): Der VfGH ist für die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und Verordnungen zuständig. Der VwGH überprüft die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsentscheidungen. Beide Gerichte sind unabhängige Institutionen und garantieren die Rechtsstaatlichkeit in Österreich.

Auf Länderebene:

  1. Landeshauptmann: Der Landeshauptmann ist der Regierungschef eines Bundeslandes. Er leitet die Landesregierung und vertritt das Land nach außen.
  2. Landesregierung: Die Landesregierung ist die Exekutive auf Länderebene und besteht aus dem Landeshauptmann, Stellvertretern und Landesräten. Sie ist für die Umsetzung von Landesgesetzen und die Verwaltung des Bundeslandes zuständig.
  3. Landtag: Der Landtag ist das Parlament eines Bundeslandes und besteht aus Abgeordneten, die auf Grundlage des Verhältniswahlrechts gewählt werden. Der Landtag ist für die Gesetzgebung auf Landesebene zuständig und kontrolliert die Arbeit der Landesregierung.

Zusammengefasst ist das politische System Österreichs föderal und parlamentarisch, mit Machtverteilung auf Bundesebene und Länderebene. Es besteht aus verschiedenen Institutionen wie dem Bundespräsidenten, dem Bundeskanzler, der Bundesregierung, dem Nationalrat, dem Bundesrat, dem Verfassungsgerichtshof, dem Verwaltungsgerichtshof, den Landeshauptleuten, den Landesregierungen und den Landtagen. Diese Institutionen arbeiten zusammen, um Gesetze zu erlassen, die Regierung zu kontrollieren und die Interessen der Bürgerinnen und Bürger auf nationaler und regionaler Ebene zu vertreten.

Die verschiedenen Ebenen des politischen Systems von Österreich gewährleisten, dass Entscheidungen sowohl auf nationaler Ebene als auch in den einzelnen Bundesländern getroffen werden, um die Bedürfnisse und Interessen der Bevölkerung in den verschiedenen Regionen des Landes angemessen zu berücksichtigen..

Parlament (Legislative)

  • Ort der politischen Debatten (fr. parler = reden)
  • Organ der Legistlative auf Bundesebene
  • Startseite: parlament.gv.at
  • Rechtsgrundlage: § 24ff B-VG
  • 2 Kammern
    • Nationalrat (§ 24-33 B-VG): Abgeordnetenkammer (183); bei NR-Wahl gewählt (§26) für 5 Jahre (§ 27/1 B-VG)
      • Gesetzgebung (§ 24 B-VG)
      • Kontrolle der Verwaltung (§ 52 B-VG)
        • Fragerecht (Minderheitsrecht): Schriftliche oder dringliche Anfragen; mündliche Anfragen in der Fragestunde
        • Resolutionsrecht: Entschließungen (für BReg nicht verbindlich)
        • Untersuchungsausschüsse (Minderheitsrecht, Art. 53 B-VG)
        • Misstrauensvotum (Art. 74 B-VG)
        • Rechnungshof als Hilfsorgan für die Kontrolle der staatlichen Haushaltsführung und öffentlicher Unternehmungen (vgl. Art. 121-128 B-VG)
      • Budgetverantwortung (§ 51 B-VG): Beschluss des Bundesfinanzgesetzes (BFG) durch den NR
      • Mitwirkung an der Vollziehung
        • Beschluss von Staatsverträgen (§ 50 B-VG)
        • Bestellung von Verfassungrichtern
      • Kommunikation u Öffentlichkeit
    • Bundesrat (§ 34-37 B-VG): Länderkammer (61) – von Landtag entsandt (Länderinteressen)
  • Bundesversammlung (§ 38-40 B-VG) – Mitglieder NR + BR
    • Angelobung des Bundespräsidenten (§ 41 B-VG)
    • Zustimmung zur Anlage des Bundespräsidenten (§ 141 B-VG)
    • Kriegserklärung (§ 180a B-VG)
Grundkonzept der Bundesverfassung; Folie Politik und politisches System

Wahlen

Wahlsysteme

Es gibt verschiedene Wahlsysteme, die in der politischen Praxis weltweit eingesetzt werden. Sie unterscheiden sich hauptsächlich darin, wie die Wählerstimmen in politische Vertretung umgewandelt werden. Hier sind einige der häufigsten Wahlsysteme:

  1. Mehrheitswahl:
    1. Relative Mehrheitswahl (Einfache Mehrheitswahl): In diesem System gewinnt der Kandidat mit den meisten Stimmen in einem Wahlkreis, unabhängig davon, ob er eine absolute Mehrheit erreicht hat oder nicht.
    2. Absolute Mehrheitswahl (Zweitrundenwahl, Stichwahl): Wenn kein Kandidat in der ersten Runde eine absolute Mehrheit erreicht, treten die beiden bestplatzierten Kandidaten in einer zweiten Runde gegeneinander an. Der Kandidat mit den meisten Stimmen in der zweiten Runde gewinnt.
  2. Verhältniswahl:
    1. Listenverhältniswahl: Bei diesem System wählen die Wähler Parteilisten statt einzelner Kandidaten. Die Parteien erhalten Sitze proportional zu ihrem Stimmenanteil.
    2. Personalisierte Verhältniswahl: Hier wählen die Wähler sowohl Parteilisten als auch einzelne Kandidaten. Die Sitze werden proportional auf die Parteien verteilt, aber die gewählten Kandidaten werden auch nach ihren persönlichen Stimmen berücksichtigt.
  3. Gemischte Wahlsysteme:
    1. Parallelwahl (unverbundenes gemischtes Wahlsystem): In diesem System gibt es getrennte Mehrheits- und Verhältniswahlen, und die Ergebnisse werden unabhängig voneinander berechnet.
    2. Verrechnungs- oder personalisierte Verhältniswahl (verbundenes gemischtes Wahlsystem): Hier wählen die Wähler sowohl Direktkandidaten (Mehrheitswahl) als auch Parteilisten (Verhältniswahl). Die Gesamtzahl der Sitze einer Partei wird proportional zu ihrem Stimmenanteil berechnet, wobei die Direktmandate angerechnet werden.
  4. Alternative Wahlsysteme:
    1. Single Transferable Vote (STV): Bei diesem System ordnen die Wähler die Kandidaten nach Präferenz. Die Stimmen werden zunächst dem erstplatzierten Kandidaten zugewiesen, und überschüssige Stimmen oder Stimmen von ausscheidenden Kandidaten werden auf die nächstplatzierten Kandidaten übertragen, bis genügend Kandidaten die erforderliche Stimmenzahl erreicht haben.
    2. Instant-Runoff Voting (IRV): Ähnlich wie bei der STV ordnen die Wähler die Kandidaten nach Präferenz. Wenn kein Kandidat eine absolute Mehrheit erreicht, wird der Kandidat mit den wenigsten Stimmen eliminiert und dessen Stimmen werden auf die nächstplatzierten Kandidaten verteilt. Dieser Prozess wird wiederholt, bis ein Kandidat eine absolute Mehrheit erreicht.
WahlsystemBeispiel-Länder
Mehrheitswahl
Relative MehrheitswahlVereinigtes Königreich (House of Commons), Kanada, Indien
Absolute MehrheitswahlFrankreich (Präsidentschaftswahlen)
Verhältniswahl
ListenverhältniswahlDeutschland (Bundestag), Schweden, Israel
Personalisierte VerhältniswahlÖsterreich, Belgien, Niederlande
Gemischte Wahlsysteme
ParallelwahlJapan, Russland, Südkorea
Verrechnungs- oder personalisierte VerhältniswahlDeutschland (Bundestag)
Alternative Wahlsysteme
Single Transferable Vote (STV)Irland (Dáil Éireann), Malta, Australien (Senat)
Instant-Runoff Voting (IRV)Australien (House of Representatives), Fidschi

Wahlrecht in Österreich (Art. 26 B-VG & Bundeswahlordnung BWO)

Rechtsgrundlagen: Art. 26, 95, 117 B-VG, Art. 3 1. ZPMRK (Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention)

  • Allgemeines Wahlrecht (aktiv/passiv; Wahlalter 16/18)
  • Gleiches Wahlrecht (gleicher Zählwert vs. „Familienstimmrecht“)
  • Unmittelbares Wahlrecht (keine Wahlmänner; direkte Bezeichnung; Forderung nach Personalisierung des Wahlrechts – Vorzugsstimmen 2013)
  • Persönliches Wahlrecht (keine Wahl durch Stellvertreter, physische Präsenz vor der Wahlkommission erforderlich – Ausnahme Briefwahl)
  • Geheimes Wahlrecht (verlangt wirksame Vorkehrungen, Wahlzelle)
  • Freies Wahlrecht (Freiheit der Wahlwerbung; Staatsorgane strikt neutral; Freiheit der Abstimmung)
  • Keine Wahlpflicht (seit 2007)
  • Verhältniswahl (Mandate im Verhältnis der für sie abgegebenen Stimmen aufgeteilt; Grundproblem: gleichmäßige Aufteilung der Stimmen bei fester Zahl von Mandaten – verschiedene Verfahren)
  • Mehrheits-Direktwahl des BPräs und der Bgm (in einigen Bundesländern) (Art. 60, 117 B-VG)

Partizipation und direkte Demokratie

politische Partizipation bezieht sich auf die Beteiligung von Bürgern am politischen Prozess. Sie umfasst verschiedene Aktivitäten, durch die Einzelpersonen oder Gruppen ihre Meinungen, Bedürfnisse und Forderungen in politische Entscheidungsprozesse einbringen und so Einfluss auf die Gestaltung von Politik nehmen. Politische Partizipation kann auf verschiedenen Ebenen (lokal, regional, national) und in unterschiedlichen Formen erfolgen, z.B. durch Wahlen, Mitgliedschaft in politischen Parteien, Beteiligung an Protesten, Diskussionen oder öffentlichen Debatten.

Klassifizierung:

  • Beteiligung
    • repräsentativ-demokratische (z.B. Wahl)
    • direkt-demokratische (z.B. Volksbegehren)
  • gesellschaftliche Anerkennung
    • konventionelle (z.B. Wahl, Bürgerinitiative)
    • unkonventionelle (Schulstreik, Bewerfen von Bildern, Festkleben auf Straßen etc.)

Direkte Demokratie ist eine Form der Demokratie, in der die Bürger unmittelbar an politischen Entscheidungen beteiligt sind, anstatt ihre Entscheidungsgewalt durch gewählte Repräsentanten auszuüben (wie in der repräsentativen Demokratie). In einer direkten Demokratie haben die Bürger die Möglichkeit, direkt über Gesetze, Verfassungsänderungen oder politische Initiativen abzustimmen, entweder durch Volksabstimmungen oder durch andere Formen der Bürgerbeteiligung wie Volksbegehren oder Bürgerentscheide.

Die direkte Demokratie ist somit ein Mittel zur politischen Partizipation, das den Bürgern eine unmittelbare Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen ermöglicht und ihren Einfluss auf die Politikgestaltung erhöht. Es ist wichtig zu beachten, dass in vielen modernen Demokratien sowohl Elemente der direkten als auch der repräsentativen Demokratie vorhanden sind, wobei die direkte Demokratie oft als ergänzendes Instrument zur repräsentativen Demokratie eingesetzt wird.

Instrumente direkter Demokratie in Österreich

  • Volksbegehren (Art. 41 Abs. 2 B-VG): Form der Gesetzesinitiative; 100.000 Stimmberechtigte (oder je ein Sechstel der Stimmberechtigten dreier Länder) können einen Gesetzesvorschlag im NR einbringen. NR muss darüber beraten. zB: Rundfunk-Volksbegehren 1964, Nichtraucherschutz-Volksbegehren 2018
  • Volksabstimmung (über einen Gesetzesbeschluss des NR)
    • Fakultativ: auf Antrag des NR (Art. 43, 44 Abs. 3 B-VG): erste bundesweite VA: 1978 über die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Zwentendorf
    • Obligatorisch: bei einer Gesamtänderung der Bundesverfassung (Art. 44 Abs. 3 B-VG); bisher einziges Beispiel: VA über EU-Beitritt 1994
  • Volksbefragung (Art. 49b B-VG): Angelegenheit von grundsätzlicher oder gesamtösterreichischer Bedeutung; vom NR zu beschließen; einzige bisher: Beibehaltung der Wehrpflicht 2013

(Bundes)Regierung (Exekutive)

Regierungssysteme

  1. Parlamentarismus: In parlamentarischen Regierungssystemen ist die Exekutive (Regierung) vom Vertrauen des Parlaments (Legislative) abhängig. Die Regierung wird vom Parlament gewählt und kann durch ein Misstrauensvotum abgesetzt werden. Beispiele für parlamentarische Systeme sind Großbritannien, Deutschland und Indien.
  2. Präsidentialismus: Im präsidentialen Regierungssystem ist die Exekutive (Präsident) unabhängig von der Legislative (Parlament). Der Präsident wird direkt vom Volk gewählt und ist sowohl Staatsoberhaupt als auch Regierungschef. In diesem System gibt es eine strikte Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Legislative. Beispiele für präsidentielle Systeme sind die Vereinigten Staaten, Brasilien und Mexiko.
  3. Semi-Präsidentialismus: Semi-präsidentielle Systeme kombinieren Elemente des Parlamentarismus und des Präsidentialismus. Hier gibt es sowohl einen direkt gewählten Präsidenten als auch eine Regierung, die vom Parlament abhängig ist. Der Präsident hat in der Regel bedeutende Befugnisse, aber die Regierung ist für die tägliche Verwaltung des Staates verantwortlich. Beispiele für semi-präsidentielle Systeme sind Frankreich, Russland und Polen.
  4. Föderalismus: Föderale Regierungssysteme sind gekennzeichnet durch eine Aufteilung der politischen Macht zwischen verschiedenen Ebenen der Regierung (z.B. Bund, Länder, Gemeinden). In föderalen Systemen haben die untergeordneten Regierungsebenen eigene Zuständigkeiten und Befugnisse. Beispiele für föderale Systeme sind die Vereinigten Staaten, Deutschland und Kanada.
  5. Einheitsstaat: Im Einheitsstaat gibt es nur eine zentrale Regierung, die für alle politischen Entscheidungen und die Verwaltung des gesamten Staatsgebiets verantwortlich ist. Lokale und regionale Verwaltungseinheiten haben keine eigene Souveränität, sondern sind der Zentralregierung untergeordnet. Beispiele für Einheitsstaaten sind Frankreich, Italien und Japan.
  6. Autoritäre Regime: In autoritären Regierungssystemen konzentriert sich die politische Macht in den Händen einer einzelnen Person oder einer kleinen Gruppe von Personen, die die politischen Entscheidungen ohne wirkliche Kontrolle oder Rechenschaftspflicht treffen. Beispiele für autoritäre Regime sind Nordkorea, Saudi-Arabien und Simbabwe.
  7. Totalitäre Regime: Totalitäre Regierungssysteme sind eine extreme Form autoritärer Regimes, in denen der Staat versucht, die vollständige Kontrolle über alle Aspekte des gesellschaftlichen Lebens auszuüben, einschließlich Wirtschaft, Kultur, Bildung und sogar das Privatleben der Bürger. Beispiele für totalitäre Regime sind das nationalsozialistische Deutschland,

Zuordnung der G-20 zu diesen Regierungssystemen:

LandRegierungssystem
ArgentinienPräsidentialismus
AustralienParlamentarismus
BrasilienPräsidentialismus
KanadaParlamentarismus
ChinaEinheitsstaat, autoritäres Regime
FrankreichSemi-Präsidentialismus
DeutschlandParlamentarismus, Föderalismus
IndienParlamentarismus, Föderalismus
IndonesienPräsidentialismus
ItalienParlamentarismus, Einheitsstaat
JapanParlamentarismus, Einheitsstaat
SüdkoreaPräsidentialismus
MexikoPräsidentialismus
RusslandSemi-Präsidentialismus, Föderalismus
Saudi-ArabienEinheitsstaat, autoritäres Regime
SüdafrikaParlamentarismus, Föderalismus
TürkeiPräsidentialismus
Vereinigtes KönigreichParlamentarismus
Vereinigte StaatenPräsidentialismus, Föderalismus
Europäische Union*Supranationaler Föderalismus

Welches Regierungssystem herrscht in Österreich vor

Das österreichische politische System basiert auf einer parlamentarischen Demokratie mit präsidentiellen Einschlag (seit der B-VG Novelle 1929, in der die Rechte des Bundespräsidenten gestärkt wurden) mit einer starken Verflechtung von Exekutive und Legislative. Durch die Beteiligung der Sozialpartner und die Verhandlungsbereitschaft der politischen Parteien wird ein Konsens angestrebt, was Elemente der Konkordanzdemokratie widerspiegelt. Gleichzeitig findet aber auch ein Wettbewerb zwischen den politischen Parteien statt, was Elemente der Konkurrenzdemokratie darstellt.

Bundesregierung

In Österreich ist die Bundesregierung das zentrale Organ der Exekutive auf Bundesebene. Sie besteht aus dem Bundeskanzler, dem Vizekanzler und den Bundesministern. Die Bundesregierung ist für die Ausführung der Bundesgesetze, die Leitung der Bundesverwaltung und die Umsetzung der politischen Agenda verantwortlich. Der Bundeskanzler ist der Regierungschef und leitet die Regierungsgeschäfte.

Bildung der Bundesregierung

Die Bildung der Bundesregierung in Österreich erfolgt nach Parlamentswahlen. Der Prozess der Regierungsbildung kann in mehrere Schritte unterteilt werden:

  1. Parlamentswahl: Die Wähler in Österreich wählen die Abgeordneten für den Nationalrat, die erste Kammer des Parlaments.
  2. Wahlergebnis und Koalitionsverhandlungen: Basierend auf dem Wahlergebnis suchen die Parteien nach möglichen Koalitionspartnern, um eine Mehrheit im Nationalrat zu bilden. Die stärkste Partei, oder eine Koalition von Parteien, die eine Mehrheit erreichen können, haben die Möglichkeit, eine Regierung zu bilden.
  3. Bundespräsident und Bundeskanzler: Der Bundespräsident, das Staatsoberhaupt Österreichs, spielt eine zentrale Rolle bei der Regierungsbildung. Nach Konsultationen mit den Parteien und basierend auf den Wahlergebnissen schlägt der Bundespräsident eine Person für das Amt des Bundeskanzlers vor, die in der Lage ist, die Unterstützung der Mehrheit im Nationalrat zu erhalten. In der Regel handelt es sich dabei um den Vorsitzenden der stärksten Partei oder den designierten Kanzlerkandidaten einer erfolgreichen Koalition.
  4. Bundesregierung: Der vorgeschlagene Bundeskanzler stellt eine Regierung zusammen, indem er Bundesminister (einschließlich eines Vizekanzlers) auswählt, die in der Regel aus den Reihen der siegreichen Parteien oder Koalitionspartner stammen. Die Bundesminister müssen vom Bundespräsidenten ernannt werden.
  5. Angelobung: Nachdem die Regierung vom Bundespräsidenten ernannt wurde, wird sie im Rahmen einer feierlichen Zeremonie angelobt.
  6. Vertrauensvotum: In der Regel wird die neue Regierung im Nationalrat durch ein Vertrauensvotum bestätigt. Dies ist jedoch keine verfassungsrechtliche Voraussetzung für die Bildung der Regierung.

Somit wird die Bundesregierung in Österreich durch einen Prozess der Wahl, Koalitionsbildung, Vorschlag des Bundeskanzlers durch den Bundespräsidenten, Auswahl der Minister und Angelobung gebildet.

Bundespräsident (Exekutive)

Der Bundespräsident wird in Österreich vom Volk direkt gewählt. Die Wahl findet alle sechs Jahre statt, wobei der amtierende Bundespräsident wiedergewählt werden kann. Die Wahl erfolgt nach dem Mehrheitswahlrecht. Gewählt ist der Kandidat, der mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen auf sich vereinen kann. Sollte im ersten Wahlgang kein Kandidat diese Mehrheit erreichen, findet ein zweiter Wahlgang statt, in dem die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen gegeneinander antreten.

Die Aufgaben des Bundespräsidenten sind in der österreichischen Verfassung, dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), geregelt. Dazu gehören:

  • Repräsentation des Staates nach innen und außen
  • Ernennung des Bundeskanzlers und der Bundesregierung
  • Auflösung des Nationalrates auf Vorschlag des Bundeskanzlers
  • Unterzeichnung und Verkündung von Bundesgesetzen
  • Überwachung der Einhaltung der Verfassung und Gesetze
  • Begnadigung von Verurteilten
  • Ausrufung des Bundesheeres im Falle eines Angriffs auf Österreich oder bei Katastrophen
  • Entsendung von Vertretern Österreichs in den Bundesrat und in den Nationalrat

Der Bundespräsident hat auch repräsentative Funktionen wie die Teilnahme an offiziellen Anlässen, die Begrüßung ausländischer Staatsgäste und die Verleihung von Auszeichnungen und Ehrentiteln.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Rolle des Bundespräsidenten in Österreich hauptsächlich repräsentativ ist und er in der Regel auf Empfehlung der Regierung und anderer politischer Institutionen handelt.

Parteien, Verbände, Medien

Sozialpartnerschaften

Die Sozialpartnerschaft hat eine sehr hohe Bedeutung im politischen Prozess von Österreich und gilt als wichtige Säule des österreichischen Modells der konsensualen Demokratie. Die Sozialpartnerschaft bezieht sich auf die Zusammenarbeit und Verhandlungen zwischen den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden in Bezug auf arbeits- und sozialpolitische Fragen.

Im politischen Prozess ist die Sozialpartnerschaft ein wichtiger Akteur und hat insbesondere bei der Ausarbeitung von Gesetzesentwürfen und der Gestaltung von politischen Reformen eine bedeutende Rolle. Die Vertreter der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände sind in verschiedene politische Gremien wie beispielsweise den Wirtschafts- und Sozialrat sowie in verschiedene Ausschüsse des Nationalrates und Bundesrates eingebunden. Zudem werden sie in politische Entscheidungsprozesse einbezogen und haben die Möglichkeit, ihre Interessen und Forderungen in die politische Diskussion einzubringen.

Die Sozialpartnerschaft ist auch ein wichtiger Bestandteil der Tarifverhandlungen in Österreich. Die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände treffen sich regelmäßig, um Lohn- und Arbeitsbedingungen auszuhandeln. Dabei wird versucht, möglichst einvernehmliche Lösungen zu finden, um Arbeitskonflikte zu vermeiden. Die Ergebnisse der Tarifverhandlungen haben auch Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Österreichs.

Die Bedeutung der Sozialpartnerschaft in Österreich wird durch verschiedene rechtliche Regelungen gestärkt. So sind beispielsweise Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände in Österreich gesetzlich verankert und haben bestimmte Befugnisse und Aufgaben im Rahmen des Arbeits- und Sozialrechts. (Seit 2008 durch BGBl I 2008/2: Art 120a Abs. 2 B-VG)

1945/46 Gründung der 4 Sozialpartner-Organisationen:

  • Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB, 1945)
  • Arbeiterkammer Österreich (AK, 1945)
  • Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ, 1946)
  • Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ, 1946)

Funktionen der (Massen-)Medien in der Demokratie?

Die Massenmedien haben in der österreichischen Demokratie eine wichtige Funktion, da sie als Vermittler zwischen den politischen Akteuren und der Bevölkerung fungieren. Die Medien haben dabei folgende Funktionen:

  1. Informationsfunktion: Die Medien informieren die Bürgerinnen und Bürger über politische Entwicklungen, Entscheidungen und Ereignisse.
  2. Kontrollfunktion: Die Medien überwachen die politischen Entscheidungsträger und decken Missstände auf, um die Öffentlichkeit zu informieren.
  3. Meinungsbildungsfunktion: Die Medien beeinflussen die öffentliche Meinungsbildung, indem sie politische Themen aufgreifen und diskutieren.
  4. Agendasetting-Funktion: Die Medien setzen Themen und beeinflussen damit die politische Agenda.
  5. Vermittlungsfunktion: Die Medien ermöglichen einen Austausch zwischen den politischen Akteuren und der Bevölkerung und fördern damit die demokratische Teilhabe.

Die Massenmedien haben somit eine wichtige Rolle bei der Sicherung und Stärkung der Demokratie in Österreich. Sie tragen zur Transparenz und Öffentlichkeit von politischen Prozessen bei und ermöglichen eine aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der politischen Entscheidungsfindung.

Wirkung der Medien auf die Meinung der Konsumenten:

  1. Verstärkungshypothese: (Paul F. Lazarsfeld) Die Verstärkungshypothese besagt, dass Medien die bereits bestehenden Meinungen und Einstellungen der Konsumenten verstärken. Medien tendieren dazu, ihre Inhalte so zu präsentieren, dass sie mit den bestehenden Meinungen der Konsumenten übereinstimmen. Menschen suchen und konsumieren Informationen, die ihre bestehenden Ansichten bestätigen (sogenannter Bestätigungsfehler). In Österreich kann man dies beispielsweise bei der Berichterstattung über politische Themen wie Einwanderung, Sozialleistungen oder EU-Politik beobachten. Medien, die tendenziell konservative Positionen vertreten, wie die Kronen Zeitung, verstärken die Meinungen ihrer Leser, indem sie Themen aus einer konservativen Perspektive präsentieren.
  2. Veränderungshypothese (Elisabeth Noelle-Neumann): Im Gegensatz zur Verstärkungshypothese geht die Veränderungshypothese davon aus, dass Medien die Meinungen und Einstellungen der Konsumenten ändern können. Durch gezielte Berichterstattung, Meinungsmache oder Manipulation können Medien das Meinungsbild der Konsumenten beeinflussen. Ein Beispiel aus der österreichischen Geschichte ist die Affäre um den ehemaligen Bundespräsidenten Kurt Waldheim. Durch die intensive Berichterstattung der Medien über seine angebliche NS-Vergangenheit änderte sich die öffentliche Meinung über Waldheim, und viele ÖsterreicherInnen begannen, an seiner Eignung für das Amt des Bundespräsidenten zu zweifeln.
  3. Theorie der kognitiven Dissonanz (Leon Festinger): Die Theorie der kognitiven Dissonanz besagt, dass Menschen innere Spannungen oder Unbehagen (Dissonanz) verspüren, wenn sie auf widersprüchliche Informationen oder Meinungen stoßen. Um diese Dissonanz zu reduzieren, neigen Menschen dazu, ihre Meinungen anzupassen oder Informationen zu vermeiden, die ihren bestehenden Ansichten widersprechen. In der österreichischen Medienlandschaft kann dies beispielsweise bei politischen Skandalen oder Kontroversen beobachtet werden. Während einer solchen Kontroverse suchen Konsumenten möglicherweise gezielt nach Informationen, die ihre bestehenden Ansichten bestätigen, und meiden gegensätzliche Standpunkte, um kognitive Dissonanz zu vermeiden.

Religion & Politik

In Österreich ist das Verhältnis zwischen Religion und Politik durch eine Trennung von Staat und Kirche gekennzeichnet, wie es in vielen westlichen Demokratien der Fall ist. Dennoch hat die Religion, insbesondere das römisch-katholische Christentum, einen gewissen Einfluss auf die Politik und das gesellschaftliche Leben.

Österreich ist historisch ein mehrheitlich katholisches Land, und der Katholizismus hat eine wichtige Rolle in der Geschichte und Kultur des Landes gespielt. Dies hat dazu geführt, dass religiöse Werte und Traditionen in bestimmten Aspekten der Politik und Gesetzgebung zum Ausdruck kommen. Zum Beispiel wurden bestimmte soziale und ethische Fragen, wie Abtreibung, Ehe und Familie, oft durch die katholische Lehre beeinflusst.

Gleichzeitig hat sich die Rolle der Religion in der Politik im Laufe der Zeit gewandelt. Die politische Landschaft Österreichs ist vielfältiger geworden, und neue Parteien und Bewegungen haben begonnen, unterschiedliche ideologische und religiöse Hintergründe widerzuspiegeln. Die Trennung von Kirche und Staat hat dazu geführt, dass politische Entscheidungen zunehmend auf säkularen Prinzipien basieren und nicht auf religiösen Dogmen.

In den letzten Jahren ist die Bedeutung der Religion für die politische Meinungsbildung in Österreich zurückgegangen, was sich auch in der Abnahme der Kirchenmitgliedschaft und der Zunahme von konfessionslosen Menschen zeigt. Dennoch können politische Entscheidungsträger und Parteien weiterhin auf religiöse Werte und Traditionen Bezug nehmen, um ihre politischen Positionen zu begründen oder zu untermauern.

Rechtsgrundlagen:

  • Art 14 StGG + Art 9 EMRK = individuelle Glaubens- und Gewissensfreiheit
  • rechtlich-institutionelle Stellung
    • gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften (Anerkennungsgesetz 1874)
    • Bekenntnisgemeinschaften (zB Sekten) – eigene Rechtstellung nach dem Bekenntnisgemeinschaftsgesetz 1998
  • Neutralität d. Staates gegenüber der Religion

Zivilgesellschaften

Das auf gesellschaftliche Selbstorganisation, Interessenfindung, Interessenartikulation und gemeinwohlorientierte Mitwirkung zielende und in den Bereichen zwischen Staat, Markt und Familie verankerte Netzwerk von Initiativen, Zirkeln, Vereinen, Organisationen und Arenen, das weder dem Staat noch dem Markt, noch der Privatsphäre zuzurechnen ist und in dem die Beteiligten zur Förderung ihrer gemeinsamen Interessen freiwillig mitwirken.

Schmidt, Wörterbuch zur Politik, 3. Auflage (2010), 923

Beispiele:

  • Nachbarschaftshilfen
  • Stadteilinitiativen
  • Vereine
  • Stiftungen
  • NGOs (zb Fridays for Future 2018, Letzte Generation 2021)

Stufenbau der Rechtsordnung

Staat und Parteien

Staatsbegriffe von Jellinek und Kelsen

Staatsformen

Staatsformen nach Aristoteles

Klassifizierung der Staatsformen

Es gibt verschiedene Arten, Staatsformen zu gliedern oder zu klassifizieren. Diese Klassifizierungen basieren auf unterschiedlichen Kriterien und Aspekten, die für das Verständnis der Funktionsweise und Organisation von Staaten relevant sind. Einige gängige Kriterien zur Gliederung von Staatsformen sind:

  1. (A) Herrschaftsform: Die Herrschaftsform bezieht sich auf die Art und Weise, wie die politische Macht in einem Staat ausgeübt wird. Hierbei lassen sich Staatsformen in:
    1. Demokratie: Eine Regierungsform, in der die politische Macht vom Volk ausgeht und die Bürger entweder direkt oder durch gewählte Vertreter an Entscheidungsprozessen teilnehmen.
      1. Die Konkurrenzdemokratie basiert auf einem Wettbewerbsmodell zwischen verschiedenen politischen Akteuren und Parteien. Dabei geht es darum, wer die meisten Stimmen bei Wahlen erhält und wer somit die politische Macht innehält. In diesem Modell wird das Regieren durch eine dominante Partei oder Koalition ausgeübt, während die Oppositions-Parteien eine Kontrollfunktion ausüben. Die Konkurrenzdemokratie ist vor allem in Ländern mit einem Zweiparteiensystem oder einem starken Mehrparteiensystem verbreitet.
      2. Im Gegensatz dazu basiert die Konkordanzdemokratie auf einer Konsenskultur, in der politische Entscheidungen durch einen breiten gesellschaftlichen Konsens getroffen werden. In diesem Modell streben politische Akteure und Parteien danach, eine breite Koalition zu bilden und durch Verhandlungen und Kompromisse politische Entscheidungen zu treffen. Die Konkordanzdemokratie ist vor allem in Ländern mit einem Mehrparteiensystem verbreitet und erfordert eine hohe Kompromissbereitschaft und Verhandlungsfähigkeit der politischen Akteure.
    2. Autokratie: Eine Regierungsform, in der eine einzelne Person oder eine kleine Gruppe die politische Macht monopolisiert und weitgehend unkontrolliert ausübt.
      1. Oligarchie: Eine Regierungsform, in der die politische Macht von einer kleinen Elite oder einer privilegierten Gruppe ausgeübt wird.
      2. Monarchie: Eine Regierungsform, in der ein König oder eine Königin als Staatsoberhaupt fungiert, wobei die Macht entweder absolut oder in einer konstitutionellen Monarchie eingeschränkt sein kann.
        1. Absolute Monarchie: In einer absoluten Monarchie hält der Monarch die uneingeschränkte politische Macht und ist weder an eine Verfassung noch an Gesetze gebunden. Der Monarch hat die Kontrolle über die Exekutive, Legislative und Judikative und kann Entscheidungen ohne Zustimmung eines Parlaments oder anderer demokratischer Institutionen treffen. Absolute Monarchien waren in der Vergangenheit häufiger, insbesondere in Europa während des Ancien Régime. Heutzutage sind absolute Monarchien selten; ein Beispiel ist Saudi-Arabien, wo der König weitreichende Befugnisse hat.
        2. Konstitutionelle Monarchie: In einer konstitutionellen Monarchie ist die Macht des Monarchen durch eine Verfassung oder andere rechtliche Dokumente eingeschränkt, die die Rechte und Pflichten des Monarchen sowie die Rolle anderer politischer Institutionen festlegen. Der Monarch hat in der Regel symbolische oder zeremonielle Funktionen, während die politische Macht in den Händen gewählter Vertreter liegt. In einer konstitutionellen Monarchie kann der Monarch dennoch politische Befugnisse ausüben, die jedoch durch Gesetze und demokratische Prozesse eingeschränkt sind. Beispiele für konstitutionelle Monarchien sind Japan und Schweden.
        3. Parlamentarische Monarchie: Eine parlamentarische Monarchie ist eine spezielle Form der konstitutionellen Monarchie, bei der die politische Macht in den Händen eines Parlaments und einer Regierung liegt, die auf parlamentarischer Zustimmung beruht. Der Monarch hat in der Regel eine repräsentative Rolle und beschränkt sich auf zeremonielle Aufgaben. Die Exekutive wird normalerweise von einem Premierminister oder einer ähnlichen Position geleitet, der vom Parlament gewählt oder ernannt wird. In einer parlamentarischen Monarchie sind der Monarch und die königliche Familie oft unparteiisch und politisch neutral. Beispiele für parlamentarische Monarchien sind das Vereinigte Königreich, Kanada, Australien, Belgien und Spanien.
    3. Republik: Die Republik ist eine Staatsform, bei der das Staatsoberhaupt und die Regierung in der Regel durch Wahlen bestimmt werden und keine erbliche Monarchie darstellen. Die politische Macht wird durch gewählte Vertreter ausgeübt, und es gibt häufig eine Verfassung, die die Rechte und Pflichten der Regierung und der Bürger regelt. Republiken können unterschiedliche Regierungsformen aufweisen, wie z.B. parlamentarische oder präsidentielle Systeme. Demokratien sind häufig Republiken, aber nicht alle Republiken sind notwendigerweise demokratisch.
    4. Diktatur: Die Diktatur ist eine Herrschaftsform, bei der eine einzelne Person oder eine kleine Gruppe die politische Macht ohne demokratische Legitimation und Kontrolle monopolisiert. In einer Diktatur gibt es keine freien und fairen Wahlen, die politischen Freiheiten sind eingeschränkt, und es gibt oft eine weit verbreitete Unterdrückung der politischen Opposition und der Meinungsfreiheit. Diktaturen können verschiedene Formen annehmen, wie z.B. Militärdiktaturen, Einparteienstaaten oder autoritäre Regime. Im Gegensatz zur Republik und zur Demokratie gibt es in Diktaturen keine Gewaltenteilung, und die Herrscher haben oft umfassende Befugnisse, um ihre Macht auszuüben und zu erhalten.
      1. autoritäre Diktaturen: In einer autoritären Diktatur konzentriert sich die politische Macht in den Händen einer Person oder einer kleinen Gruppe, die ohne demokratische Legitimation und Kontrolle regiert. Autoritäre Regime neigen dazu, politische Freiheiten und Bürgerrechte einzuschränken, um ihre Macht zu erhalten und Widerstand zu unterdrücken. Sie können auch freie und faire Wahlen verhindern oder manipulieren. Autoritäre Diktaturen sind jedoch in der Regel weniger umfassend in ihrer Kontrolle über die Gesellschaft als totalitäre Diktaturen. Sie können ein gewisses Maß an sozialer und wirtschaftlicher Freiheit zulassen, solange dies ihre politische Macht nicht gefährdet. Zudem können autoritäre Regime möglicherweise auch in begrenztem Umfang mit der Opposition zusammenarbeiten oder Verhandlungen führen.
      2. totalitäre Diktaturen: Totalitäre Diktaturen gehen über autoritäre Regime hinaus, indem sie versuchen, nahezu vollständige Kontrolle über alle Aspekte der Gesellschaft auszuüben. Sie zielen darauf ab, die individuelle Autonomie zu beseitigen und jeden Aspekt des öffentlichen und privaten Lebens der Bürger zu kontrollieren und zu überwachen. Totalitäre Regime nutzen häufig Propaganda, Massenüberwachung, Zensur und Unterdrückung, um ihre Macht zu erhalten und jeglichen Widerstand zu zerschlagen. Totalitäre Diktaturen sind in der Regel ideologisch motiviert und streben nach der Umsetzung einer bestimmten Vision oder Ideologie, die die gesamte Gesellschaft durchdringen soll. Sie tolerieren keine politische Opposition oder abweichende Meinungen und versuchen, jegliche Form von Dissens zu eliminieren.
  2. (B) Staatsorganisation: Die Staatsorganisation bezieht sich auf die räumliche und politische Struktur eines Staates. Hierbei lassen sich Staatsformen in:
    1. Einheitsstaat / Zentralstaat : Ein Staat, in dem die politische Macht zentralisiert ist und es keine oder nur geringe Dezentralisierung und Autonomie für regionale oder lokale Verwaltungseinheiten gibt.
    2. Bundesstaat: Ein Staat, der aus mehreren föderalen Einheiten besteht, die über einen gewissen Grad an politischer Autonomie und Entscheidungsbefugnis verfügen, während die zentralen Institutionen für übergreifende Aufgaben zuständig sind.
    3. Konföderation / Staatenbund: Ein Staatenbund oder eine Konföderation ist ein Zusammenschluss souveräner Staaten, die sich entscheiden, in bestimmten Angelegenheiten zusammenzuarbeiten und eine gemeinsame Regierung oder Institutionen für diese Zwecke zu schaffen. Die Mitgliedstaaten behalten jedoch ihre Souveränität und Unabhängigkeit in den meisten anderen Angelegenheiten bei. In einem Staatenbund sind die zentralen Institutionen oft schwächer als in einem Bundesstaat, da sie nur über die Befugnisse verfügen, die ihnen von den Mitgliedstaaten übertragen wurden. Historische Beispiele für Staatenbünde sind die Schweiz vor 1848, die Vereinigten Staaten von Amerika unter den Artikeln der Konföderation (1781-1789) und die Deutsche Konföderation (1815-1866).
    4. Lose Staatenverbindung: Eine „lose Staatenverbindung“ bezieht sich auf eine noch weniger formelle und verbindliche Zusammenarbeit zwischen souveränen Staaten. In einer losen Staatenverbindung können die Mitgliedstaaten in bestimmten Bereichen zusammenarbeiten, ohne dass es eine starke zentrale Autorität oder gemeinsame Institutionen gibt. Die Zusammenarbeit erfolgt oft auf ad-hoc-Basis oder durch informelle Abkommen und Absprachen. Eine lose Staatenverbindung ist weniger formalisiert als ein Staatenbund und hat in der Regel eine schwächere Bindungswirkung zwischen den beteiligten Staaten. Beispiele für lose Staatenverbindungen sind einige regionale Organisationen oder Bündnisse, die sich auf Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen wie Wirtschaft, Umwelt oder Sicherheit konzentrieren.
  3. (C) Regierungsform: Die Regierungsform bezieht sich auf die Organisation der Exekutive und die Beziehung zwischen Exekutive und Legislative. Hierbei lassen sich Staatsformen in:
    1. Parlamentarismus: Eine Regierungsform, in der die Exekutive (Regierung) vom Parlament (Legislative) abhängig ist und von diesem gewählt und kontrolliert wird. Der Regierungschef ist in der Regel der Vorsitzende der mehrheitsführenden Partei oder Koalition im Parlament.
    2. Präsidentialismus: Eine Regierungsform, in der der Präsident sowohl Staatsoberhaupt als auch Regierungschef ist und unabhängig von der Legislative gewählt wird. Die Exekutive und die Legislative sind voneinander getrennt und unabhängig voneinander.
    3. Semipräsidentialismus: Eine Regierungsform, die Elemente des Parlamentarismus und des Präsäsidentialismus kombiniert. In einem semipräsidentiellen System gibt es sowohl einen direkt gewählten Präsidenten als auch einen Premierminister, der vom Parlament abhängig ist. Der Präsident hat in der Regel bedeutende Befugnisse, während der Premierminister für die tägliche Regierungsführung verantwortlich ist. Die Machtverteilung zwischen Präsident und Premierminister kann je nach Land variieren.
  4. (D) Rechtsquellen: Ein weiteres Kriterium zur Gliederung von Staatsformen bezieht sich auf die Rechtsquellen, die die Grundlage für die Gesetzgebung und die Auslegung von Gesetzen bilden. Hierbei lassen sich Staatsformen in:
    1. Gewohnheitsrechtliche Systeme: In diesen Systemen basiert das Recht auf Gewohnheiten, Traditionen und Präzedenzfällen, die sich im Laufe der Zeit entwickelt haben. Das englische Common Law ist ein Beispiel für ein gewohnheitsrechtliches System.
    2. Kontinentaleuropäische Rechtssysteme: Diese Systeme basieren auf kodifiziertem Recht, das in Gesetzbüchern und Verfassungen festgelegt ist. Der Code Civil in Frankreich und das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in Deutschland sind Beispiele für kontinentaleuropäische Rechtssysteme.
    3. Religiöse Rechtssysteme: In einigen Ländern basiert das Recht auf religiösen Prinzipien und Texten. Beispiele hierfür sind die islamische Scharia oder das jüdische Halacha-Recht.

Parteien

„Drei-Lager-Theorie“ (Adam Wandruszka)

Die „Drei-Lager-Theorie“ wurde vom österreichischen Historiker Adam Wandruszka entwickelt und bezieht sich auf die politische Landschaft der Ersten Republik Österreich (1918-1933). Wandruszka teilte die politischen Kräfte des Landes in drei Lager ein: das sozialistische Lager, das konservative Lager und das national-liberale Lager. Jedes Lager hatte seine eigene politische Ideologie, soziale Basis und politische Ziele. Die Theorie erklärt die politische Polarisierung und den Konflikt während dieser Zeit in Österreich.

Sozialistisches Lager:
Das sozialistische Lager wurde von der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) repräsentiert. Die SDAP vertrat die Arbeiterklasse und strebte nach einer sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft, die auf Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit basiert. Sie befürwortete Reformen wie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die Einführung von Sozialversicherungen und die Verstaatlichung von Schlüsselindustrien.

Konservatives Lager:
Das konservative Lager wurde von der katholischen Kirche, der Ersten Republikanischen Partei (Erste Republik) und der Großdeutschen Volkspartei (GDVP) unterstützt. Es vertrat konservative und christlich-soziale Werte und strebte nach einer stabilen, hierarchischen Gesellschaft, die auf traditionellen Werten und Institutionen basiert. Das konservative Lager lehnte radikale politische Veränderungen ab und befürwortete eine enge Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche.

National-liberales Lager:
Das national-liberale Lager wurde von der Großdeutschen Volkspartei (GDVP) und kleineren bürgerlichen Parteien repräsentiert. Es vertrat eine liberale, nationalistische und pro-deutsche Haltung und strebte nach einer Vereinigung Österreichs mit Deutschland. Das national-liberale Lager befürwortete wirtschaftliche Freiheit und Liberalisierung und war gegen staatliche Eingriffe in die Wirtschaft.

siehe auch [Wikipedia]

Mehrparteiensystem

Ein Mehrparteiensystem ist ein politisches System, in dem mehrere politische Parteien existieren und um politische Macht konkurrieren. In einem solchen System haben die Wähler eine größere Auswahl an politischen Optionen, und es gibt normalerweise eine stärkere politische Vielfalt, die verschiedene Meinungen, Ideologien und Interessen widerspiegelt.

In einem Mehrparteiensystem besteht in der Regel keine einzelne Partei, die allein eine Mehrheit im Parlament oder einer gesetzgebenden Versammlung gewinnt. Daher ist es oft notwendig, dass Parteien Koalitionen oder Zusammenarbeit mit anderen Parteien eingehen, um stabile Regierungen zu bilden. Diese Koalitionen können aus zwei oder mehr Parteien bestehen, die sich auf ein gemeinsames Programm einigen und gemeinsam eine Regierung bilden.

Mehrparteiensysteme fördern in der Regel einen Kompromiss und ermöglichen eine breitere Vertretung verschiedener politischer Ansichten und Interessengruppen. Sie können jedoch auch zu politischer Instabilität und häufigen Regierungswechseln führen, insbesondere wenn keine Partei oder Koalition eine stabile Mehrheit erreichen kann.

Beispiele für Länder mit Mehrparteiensystemen sind Österreich, Deutschland, Schweden, Italien und Indien. In diesen Ländern konkurrieren zahlreiche Parteien um politische Macht und repräsentieren eine Vielzahl von politischen Ideologien und regionalen Interessen.

Funktionen von politischen Parteien

Politische Parteien spielen eine zentrale Rolle in demokratischen politischen Systemen. Sie erfüllen eine Reihe von Funktionen, die für das Funktionieren einer Demokratie und die politische Willensbildung essentiell sind. Einige der Hauptfunktionen politischer Parteien sind:

  1. Aggregationsfunktion: Politische Parteien bündeln und vereinen die verschiedenen Interessen, Meinungen und Forderungen der Bürgerinnen und Bürger. Sie fassen diese in ein kohärentes politisches Programm zusammen und stellen so sicher, dass die Vielfalt der gesellschaftlichen Anliegen im politischen Prozess repräsentiert wird.
  2. Transformationsfunktion: Parteien wandeln die aggregierten Interessen und Forderungen in konkrete politische Entscheidungen und Gesetze um. Sie fungieren als Vermittler zwischen den Wünschen der Bevölkerung und den Entscheidungen, die auf politischer Ebene getroffen werden.
  3. Artikulationsfunktion: Parteien geben den Anliegen und Interessen der Bürgerinnen und Bürger eine Stimme. Sie artikulieren die Bedürfnisse und Forderungen der Bevölkerung gegenüber den politischen Institutionen und tragen dazu bei, politische Themen und Debatten zu identifizieren und zu formen.
  4. Rekrutierungsfunktion: Politische Parteien sind verantwortlich für die Auswahl und Förderung von Kandidatinnen und Kandidaten für politische Ämter. Sie stellen sicher, dass qualifizierte und engagierte Personen in politische Positionen gewählt oder ernannt werden, um die Interessen der Partei und ihrer Wählerschaft zu vertreten.
  5. Sozialisierungs- und Mobilisierungsfunktion: Parteien tragen zur politischen Sozialisation der Bürgerinnen und Bürger bei, indem sie politische Informationen bereitstellen, politische Bildung fördern und die politische Teilhabe erleichtern. Sie mobilisieren die Wählerschaft, um an Wahlen und anderen politischen Veranstaltungen teilzunehmen, und tragen so zur Stärkung der Demokratie bei.
  6. Wettbewerbsfunktion: Parteien treten in einem politischen Wettbewerb gegeneinander an, um die Gunst der Wählerinnen und Wähler zu gewinnen. Dieser Wettbewerb führt dazu, dass Parteien ihre politischen Programme und Positionen kontinuierlich überprüfen und verbessern müssen, um den Wünschen der Wählerschaft gerecht zu werden.

Rechtsgrundlagen

Ideologien

Der Begriff „Ideologie“ stammt aus dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert und wurde von Antoine Destutt de Tracy, einem französischen Philosophen und Sozialwissenschaftler, geprägt. Ursprünglich verwendete er den Begriff, um die „Wissenschaft der Ideen“ (franz. idéologie = Lehre von den Ideen) zu beschreiben, die sich mit der Untersuchung der Herkunft und Natur von Ideen und Überzeugungen befasst. Im Laufe der Zeit hat sich die Bedeutung des Begriffs jedoch gewandelt und bezieht sich nun auf ein System von Überzeugungen, Werten und Ideen, das die Grundlage für politische, wirtschaftliche und soziale Handlungen bildet.

Es gibt viele verschiedene Ideologien, die im Laufe der Geschichte entstanden sind und die politischen Landschaften verschiedener Länder und Kulturen geprägt haben. Einige wichtige Ideologien sind:

  1. Liberalismus: Der Liberalismus betont individuelle Freiheiten, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Marktwirtschaft. Er befürwortet eine begrenzte Rolle des Staates im Leben der Menschen und Schutz von Bürgerrechten und politischen Freiheiten.
  2. Konservatismus: Der Konservatismus ist eine Ideologie, die auf der Bewahrung von Tradition, Ordnung und bestehenden sozialen Institutionen basiert. Konservative befürworten häufig eine stärkere Rolle von Religion und Moral in der Gesellschaft und betonen die Bedeutung von Familie und Gemeinschaft.
  3. Sozialismus: Der Sozialismus ist eine politische Ideologie, die auf der Überzeugung basiert, dass die Produktionsmittel und Ressourcen kollektiv und gerecht verteilt werden sollten, um soziale Ungleichheit und Ausbeutung zu reduzieren. Sozialisten befürworten eine stärkere Rolle des Staates in der Wirtschaft und im Sozialwesen, um das Wohlergehen aller Bürger zu gewährleisten.
  4. Kommunismus: Der Kommunismus ist eine radikale Form des Sozialismus, die auf den Ideen von Karl Marx und Friedrich Engels basiert. Kommunisten streben nach einer klassenlosen Gesellschaft, in der es keine privateigentum an Produktionsmitteln gibt und die Menschen nach ihren Fähigkeiten arbeiten und nach ihren Bedürfnissen leben.
  5. Anarchismus: Der Anarchismus ist eine politische Ideologie, die die Abschaffung von hierarchischen und autoritären Strukturen wie dem Staat befürwortet. Anarchisten streben nach einer Gesellschaft, die auf freiwilliger Zusammenarbeit, Gleichheit und Selbstverwaltung basiert.
  6. Faschismus: Der Faschismus ist eine autoritäre und nationalistische Ideologie, die eine Einparteienherrschaft, eine starke zentralisierte Kontrolle und die Unterdrückung politischer Gegner und Minderheiten befürwortet. Faschismus betont die Bedeutung von Nation, Rasse und Kultur und lehnt liberale und sozialistische Ideen ab.
  7. Christlich-Soziale Bewegung: Die christlich-soziale Bewegung ist eine politische Ideologie, die christliche Prinzipien und soziale Gerechtigkeit verbindet. Sie entstand im 19. Jahrhundert und betont Solidarität, soziale Verantwortung und die Rolle von Familie und Religion. Christlich-soziale Parteien setzen sich für soziale Reformen und soziale Sicherheitsnetze ein, um den Schwächsten in der Gesellschaft zu helfen, und bewahren gleichzeitig traditionelle Werte und Institutionen.

weiterführende Literatur:

Vgl .Manfred G. SCHMIDT: Wörterbuch zur Politik, 3. A., 2010, 347; Karl-Heinz BREIER: Ideologie, in: Martin SCHWARZ/Karl-Heinz BREIER/Peter NITSCHKE: Grundbegriffe der Politik, 2. A., 2017, 75-80.

Populismus

Populismus ist ein politischer Begriff, der sich auf Bewegungen oder Parteien bezieht, die versuchen, eine direkte Verbindung zu den „einfachen Menschen“ oder dem „Volk“ herzustellen und sich gegen die politische Elite zu stellen. Populisten betonen häufig einfache Lösungen für komplexe Probleme und nutzen Emotionen, um Unterstützung zu gewinnen. Populismus kann sowohl in linken als auch in rechten politischen Strömungen auftreten und ist nicht zwangsläufig extremistisch.

Populismus: formale und inhaltliche Elemente des Begriffs (Folie Recht und politisches System)

Beispiele für populistische Aussagen:

  1. Donald Trump (Republikanische Partei, USA) – 2016: „Wir werden eine große, schöne Mauer an unserer südlichen Grenze bauen, und Mexiko wird dafür bezahlen.“
  2. Nigel Farage (UK Independence Party, UK) – 2016: „Wir wollen unser Land zurück.“
  3. Marine Le Pen (Front National, Frankreich) – 2017: „Frankreich zuerst!“
  4. Geert Wilders (Partij voor de Vrijheid, Niederlande) – 2017: „Die Niederlande gehören uns, nicht Brüssel oder Marokko.“
  5. Matteo Salvini (Lega Nord, Italien) – 2018: „Italiener zuerst!“
  6. Viktor Orbán (Fidesz, Ungarn) – 2018: „Wir werden keine Migrantenquoten akzeptieren.“
  7. Jair Bolsonaro (Partido Social Liberal, Brasilien) – 2018: „Wir werden gegen die politische Korruption vorgehen und das kriminelle Element in unserer Gesellschaft bekämpfen.“
  8. Santiago Abascal (Vox, Spanien) – 2019: „Die spanischen Eliten haben uns verraten.“
  9. Alice Weidel (Alternative für Deutschland, Deutschland) – 2017: „Merkels Politik der offenen Grenzen hat unser Land unsicherer gemacht.“
  10. Andrzej Duda (Prawo i Sprawiedliwość, Polen) – 2020: „Wir werden die Souveränität Polens und die traditionellen Werte unserer Gesellschaft verteidigen.“

Extremismus hingegen bezieht sich auf radikale politische Ideologien oder Handlungen, die sich weit außerhalb des akzeptierten politischen Spektrums befinden. Extremisten lehnen den politischen Konsens ab und befürworten oft drastische Veränderungen der bestehenden politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Ordnung. Extremismus kann gewalttätig oder antidemokratisch sein und beinhaltet oft eine Intoleranz gegenüber abweichenden Meinungen oder Minderheitengruppen.

Beispiele für extremistische Aussagen (diese spiegeln nicht die Meinung oder Position von mir wider)

  1. Adolf Hitler (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, Deutschland) – 1930er Jahre: „Mein Kampf“ (Hitlers Buch, das rassistische und antisemitische Ideen fördert)
  2. Osama bin Laden (Al-Qaida) – 1998: „Es ist die Pflicht jedes Muslims, Amerikaner und ihre Verbündeten zu töten und zu entführen.“
  3. Anders Behring Breivik (rechtsextremer Terrorist, Norwegen) – 2011: „Ich stehe vor einem Europa, das von Kulturmarxismus und islamischer Kolonisierung überschwemmt wird.“
  4. David Duke (Ku Klux Klan, USA) – 1970er Jahre: „Rasse und Nation: Ein Aufruf zur Rettung der weißen Rasse“
  5. Anjem Choudary (Islamistischer Prediger, UK) – 2010: „Die Flagge des Islam wird eines Tages über dem Parlament in London wehen.“
  6. Boko Haram (Nigeria) – 2009: „Westliche Bildung ist Sünde“ (Boko Haram übersetzt sich aus Hausa als „westliche Bildung ist verboten“)
  7. Richard Spencer (Alt-Right, USA) – 2016: „Heil Trump!“ (Nach der Wahl von Donald Trump)
  8. Thomas Mair (Rechtsextremist, UK) – 2016: „Großbritannien zuerst! Dies ist für Großbritannien!“ (Während des Mordes an der britischen Abgeordneten Jo Cox)
  9. Lashkar-e-Taiba (Pakistan) – 2008: „Unser Ziel ist es, die indische Armee und die indische Regierung zu zerschlagen, um Kaschmir zu befreien.“
  10. Atomwaffen Division (USA) – 2018: „Töten Sie alle Nicht-Weißen, töten Sie alle Verräter“ (Neo-Nazi-Gruppe, die Rassenkrieg und Gewalt befürwortet)

Der Hauptunterschied zwischen Populismus und Extremismus besteht darin, dass der Populismus eine politische Strategie oder Rhetorik ist, die versucht, das „Volk“ gegen die politische Elite zu mobilisieren, während der Extremismus eine radikale Ideologie oder Handlung ist, die weit außerhalb des politischen Mainstreams liegt. Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle populistischen Bewegungen oder Parteien extremistisch sind, aber Extremisten können populistische Strategien nutzen, um Unterstützung für ihre radikalen Ansichten zu gewinnen.

Merkmale populistischer Parteien

weiterführende Literatur:

  • Vgl. Klaus POIER/Sandra SAYWALDWEDL/Hedwig UNGER: Die Themen der „Populisten“, Baden-Baden 2017,45ff.

Parteienlandschaft Österreich

politische Parteien der zweiten Republik

Geschichte der SPÖ (bis 2022)

Im Jahr 1842 wurde der Unterstützungsverein der Buchdrucker in Wien gegründet, der als wichtiger Schritt für die Arbeiterbewegung in Österreich gilt. Im Jahr 1867 entstand der Wiener Arbeiter-Bildungsverein, der die Basis für die politische Organisation der Arbeiterklasse schuf. 1888/89 fand der Einigungsparteitag in Hainfeld/Niederösterreich statt, bei dem die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) gegründet wurde.

In den Jahren 1918-20 spielte die SDAP eine wichtige Rolle bei der Gründung der Republik Österreich und unterstützte Karl Renner bei der Bildung der ersten Republikregierung. Von 1920 bis 1934 befand sich die SDAP in der Opposition und entwickelte den Austromarxismus unter der Führung von Otto Bauer (1881-1938). Im Jahr 1926 verabschiedete die Partei das Linzer Programm, in dem die „Diktatur des Proletariats“ gefordert wurde.

Im Jahr 1927 führte der Prozess von Schattendorf und der anschließende Justizpalastbrand zu massiven Spannungen zwischen der SDAP und den konservativen Kräften in Österreich. In der Zeit von 1934 bis 1945 war die SDAP aufgrund der Februarkämpfe 1934 verboten und agierte illegal.

1945 wurde die SDAP als Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ) wiedergegründet, und seit 1991 trägt sie den Namen Sozialdemokratische Partei Österreichs. Karl Renner wurde zum Staatskanzler ernannt. Von 1945 bis 1966 war die SPÖ Koalitionspartner der ÖVP, zunächst unter Vizekanzler Adolf Schärf (bis 1957) und dann unter Vizekanzler Bruno Pittermann (1957-1966), beide SPÖ-Mitglieder.

Nach einer Zeit in der Opposition von 1966 bis 1970 führte die SPÖ von 1970 bis 1983 unter Bundeskanzler Bruno Kreisky (1911-1990) eine Alleinregierung. In dieser Zeit wurden zahlreiche gesellschaftspolitische Reformen durchgeführt, darunter das Wahlrecht, Familienrecht, Strafrecht (StGB 1974), das Universitätsorganisationsgesetz (UOG) von 1975 und der Ausbau des Wohlfahrtsstaates nach schwedischem Vorbild.

Von 1983 bis 1987 bildete die SPÖ eine kleine Koalition mit der FPÖ unter Bundeskanzler Fred Sinowatz (bis 1986) bzw. Franz Vranitzky (ab 1986) und Vizekanzler Norbert Steger (FPÖ). Vranitzky prägte den Begriff des „Managersozialismus“. In den Jahren 1987 bis 2000 regierte die SPÖ in einer zweiten großen Koalition mit der ÖVP, zunächst unter Bundeskanzler Franz Vranitzky (bis 1997) und dann unter Bundeskanzler Viktor Klima (bis 2000).

Im Jahr 1994 fand eine Volksabstimmung über den EU-Beitritt Österreichs statt, bei der 66% der Bevölölkerung zustimmten. Österreich trat am 1. Januar 1995 der Europäischen Union bei.

Von 2000 bis 2007 befand sich die SPÖ erneut in der Opposition, bevor sie von 2007 bis 2017 eine dritte große Koalition mit der ÖVP einging. Während dieser Zeit wurde die Partei von verschiedenen Bundeskanzlern geführt, darunter Alfred Gusenbauer, Werner Faymann (2008-2016) und Christian Kern.

Seit Dezember 2017 befindet sich die SPÖ wieder in der Opposition. Im Jahr 2018 wurde Pamela Rendi-Wagner zur Parteichefin gewählt. Unter ihrer Führung versucht die SPÖ, ihre politische Agenda neu auszurichten und auf die Herausforderungen der Gegenwart zu reagieren, wie etwa soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz und europäische Integration.

Insgesamt hat die Sozialdemokratische Partei Österreichs im Laufe ihrer Geschichte eine entscheidende Rolle in der österreichischen Politik gespielt. Sie hat zahlreiche Reformen durchgeführt, die das Land geprägt haben, und war an mehreren Regierungskoalitionen beteiligt. Trotz wechselnder politischer Landschaften und Herausforderungen bleibt die SPÖ eine wichtige politische Kraft in Österreich.

Geschichte der ÖVP

Im Vormärz stand die katholische Restauration im Vordergrund, geprägt durch Clemens Maria Hofbauer (1751-1820), den „Apostel von Wien“. Zwischen 1860 und 1880 kämpften verschiedene katholische Gruppierungen gegen den Liberalismus. Karl Freiherr von Vogelgsang (1818-1890) war einer der Vordenker der katholischen Soziallehre.

Zwischen 1887 und 1895 entstand die Christlichsoziale Reichspartei, deren Gründungsmitglieder unter anderem der Wiener Bürgermeister Karl Lueger (1844-1910) und Leopold Kunschak (1871-1953) waren. Im Jahr 1891 veröffentlichte Papst Leo XIII. die Enzyklika Rerum Novarum. Bei den Reichsratswahlen 1907 schlossen sich Christlichsoziale und Katholisch-Konservative zusammen. Nach dem Tod Luegers 1910 entwickelte sich die Partei zu einer sozialen Integrationspartei.

Nach dem Ersten Weltkrieg orientierte sich die Partei unter Prälat Ignaz Seipel neu: Sie wurde republikanisch, wirtschaftsliberal und kulturkonservativ. Von 1922 bis 1932 koalierte sie mit den Großdeutschen. Zwischen 1933 und 1938 herrschte das ständisch-autoritäre Regime unter Bundeskanzlern Engelbert Dollfuß (ermordet 1934) und Kurt Schuschnigg, die beide von Adolf Hitler bedrängt wurden.

1945 wurde die Österreichische Volkspartei (ÖVP) mit einer bündischen Struktur gegründet. Von 1945 bis 1966 war sie Teil der ersten großen Koalition mit der SPÖ. Die Bundeskanzler Leopold Figl, Julius Raab, Alfons Gorbach und Josef Klaus waren alle Mitglieder der ÖVP. Von 1966 bis 1970 regierte die ÖVP alleine unter Bundeskanzler Josef Klaus.

Zwischen 1970 und 1987 befand sich die ÖVP in der Opposition. 1986 wurde Kurt Waldheim als erster ÖVP-Kandidat zum Bundespräsidenten gewählt. Von 1987 bis 2000 war die ÖVP Teil der zweiten großen Koalition, in der Alois Mock, Josef Riegler, Erhard Busek und Wolfgang Schüssel als Vizekanzler fungierten.

Von 2000 bis 2007 bildete die ÖVP eine kleine Koalition mit der FPÖ unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Danach folgte von 2007 bis 2017 die dritte große Koalition mit der SPÖ und verschiedenen Vizekanzlern, darunter Wilhelm Molterer, Josef Pröll, Michael Spindelegger, Reinhold Mitterlehner und Wolfgang Brandstetter.

Zwischen 2017 und 2019 gab es eine türkis-blaue Koalition unter Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Im Mai 2019 führte der Ibiza-Skandal zum Rücktritt von Vizekanzler Strache (FPÖ) und zu Neuwahlen im September 2019.

Seit 2020 besteht eine türkis-grüne Koalition. Nachdem Rücktritt von Bundeskanzler Sebastian Kurz im Jahr 2021 übernahm im Dezember 2021 Karl Nehammer das Amt des Bundeskanzlers. Die aktuelle türkis-grüne Koalition setzt sich aus der ÖVP und den Grünen zusammen und zeigt einen politischen Wandel in der österreichischen Regierung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Geschichte der ÖVP von verschiedenen Koalitionen, politischen Bündnissen und Richtungswechseln geprägt ist. Sie hat sowohl mit der SPÖ als auch mit der FPÖ und den Grünen zusammengearbeitet und dabei unterschiedliche politische Schwerpunkte gesetzt. Im Laufe der Jahre hat die ÖVP verschiedene Phasen durchlebt, die die Partei geformt und ihren heutigen Charakter geprägt haben.

Geschichte der FPÖ

Die Geschichte der österreichischen Freiheitlichen Partei (FPÖ) ist geprägt von verschiedenen politischen Bewegungen und Entwicklungen. Im Jahr 1867 wurde der Deutsche Volksverein in Wien gegründet, gefolgt vom Verein der Deutschnationalen in Graz im Jahr 1869 unter Georg Ritter von Schönerer. Diese Bewegung war geprägt von Rasseantisemitismus und führte 1882 zum Linzer Programm. Ab 1897 entstand die „Los von Rom“-Bewegung, die sich antiklerikal positionierte.

Im Jahr 1920 wurde die Großdeutsche Volkspartei gegründet, die zwischen 1922 und 1932 Koalitionspartner der Christlichsozialen war. 1933 kam es zur Kampfgemeinschaft mit der NSDAP. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1949 der Verband der Unabhängigen (VdU) gegründet, aus dem 1955 die FPÖ entstand, unter der Führung von Friedrich Peter als Bundesparteiobmann (1958-1978).

1983 bildete die FPÖ eine kleine Koalition mit der SPÖ und Norbert Steger wurde Vizekanzler. 1986 wurde Jörg Haider Bundesparteiobmann, woraufhin Bundeskanzler Vranitzky die Koalition auflöste. Haider wurde 1987-91 Landeshauptmann von Kärnten und führte die FPÖ in die Opposition. Unter seiner Führung zeigten sich zunehmend populistische und rechtsextreme Tendenzen. 1993 initiierte die FPÖ das Ausländer-Volksbegehren.

1999 wurde Haider erneut Landeshauptmann und die FPÖ erreichte bei den Nationalratswahlen den zweiten Platz (26,9%) vor der ÖVP. 2000-02 bildete die FPÖ eine schwarz-blaue Koalition mit der ÖVP unter Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer. Es folgten Sanktionen gegen Österreich. 2002 kam es zum „Putsch von Knittelfeld“ und vorgezogenen Nationalratswahlen im September, bei denen die FPÖ ein Debakel erlitt. Dennoch wurde eine Neuauflage der schwarz-blauen Koalition mit der ÖVP unter Vizekanzler Hubert Gorbach beschlossen (2002-07).

2005 spaltete sich die FPÖ: Das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) entstand mit Jörg Haider an der Spitze, während Heinz-Christian Strache Bundesparteiobmann der FPÖ wurde. 2008 starb Haider bei einem Unfall. 2012 wurde der Parlamentsklub Team Stronach gegründet. Bei den Nationalratswahlen 2013 verfehlte das BZÖ den Wiedereinzug in den Nationalrat und war nur noch in Kärnten aktiv.

2017-19 bildete die FPÖ eine türkis-blaue Koalition mit der ÖVP unter Vizekanzler Strache. 2019 führte die Ibiza-Affäre zum Rücktritt Straches und zu Neuwahlen. 2021 wurde Herbert Kickl Bundesparteiobmann und die FPÖ befindet sich aktuell in der Opposition.