Der Relative Strength Index, häufig als RSI abgekürzt, ist ein maßgeblicher technischer Indikator, der in der technischen Analyse angewendet wird. Seit seiner Einführung durch J. Welles Wilder im Jahr 1978 hat er sich zu einem unverzichtbaren Instrument für Händler und technische Analysten entwickelt.

Definition des RSI

Der RSI ist ein Momentum-Oszillator, der den relativen Grad der jüngsten Gewinne zu den jüngsten Verlusten in einem Versuch misst, die Überkauf- und Überverkaufbedingungen eines Vermögenswertes zu bestimmen. Er oszilliert zwischen 0 und 100 und wird häufig dazu verwendet, potenzielle Umkehrpunkte im Markt zu identifizieren. Ein RSI oberhalb der 70er Marke deutet auf eine Überkaufsituation hin, während ein Wert unter 30 auf eine Überverkaufssituation hinweist.

Beispiel DAX

Berechnung

Der RSI basiert auf der Beziehung zwischen durchschnittlichen Gewinnen und durchschnittlichen Verlusten über einen festgelegten Zeitraum, in der Regel 14 Tage.

  1. Durchschnittliche Gewinne und Verluste: Zunächst werden der Durchschnitt der Gewinne und der Durchschnitt der Verluste über den Zeitraum berechnet.
  2. Relative Strength (RS): Der Relative Strength (RS) ist das Verhältnis des durchschnittlichen Gewinns zum durchschnittlichen Verlust.
  1. RSI-Formel: Mit dem RS-Wert wird der RSI wie folgt berechnet:

Anwendungsbeispiele

Ein praxisnahes Beispiel hilft, das Konzept zu veranschaulichen:

Angenommen, wir analysieren einen 14-tägigen Zeitraum eines Aktienkurses. An 10 dieser Tage stieg die Aktie, mit einem durchschnittlichen Gewinn von 2€ pro Tag. An den restlichen 4 Tagen fiel sie mit einem durchschnittlichen Verlust von 1€ pro Tag. Der RS wäre dann:

Daraus ergibt sich ein RSI von:

Anwendungsgebiete und Interpretation

  1. Identifizierung von Marktbedingungen: Der RSI kann verwendet werden, um Überkauf- und Überverkaufbedingungen zu erkennen. Ein hoher RSI (typischerweise über 70) deutet auf eine Überkaufbedingung hin, während ein niedriger RSI (typischerweise unter 30) auf eine Überverkaufbedingung hinweist.
  2. Divergenzanalyse: Wenn es Unterschiede zwischen den Preisbewegungen eines Vermögenswertes und dem RSI gibt (z.B. der Preis erreicht ein neues Hoch, der RSI jedoch nicht), kann dies als Anzeichen für eine bevorstehende Umkehr interpretiert werden.
  3. Trendbestätigung: Der RSI kann auch dazu verwendet werden, die Stärke eines bestehenden Trends zu bewerten. Ein RSI, der sich stetig in einem höheren Bereich (z.B. 40-90) befindet, deutet auf einen starken Aufwärtstrend hin, während ein RSI im unteren Bereich auf einen Abwärtstrend hindeutet.

Grenzen des RSI

  1. Kein Alleinindikator: Der RSI sollte nie isoliert oder als einziger Entscheidungsfaktor verwendet werden. Er liefert die besten Ergebnisse, wenn er in Kombination mit anderen technischen Analysetools verwendet wird.
  2. Volatilität: In hochvolatilen Märkten kann der RSI rasch zwischen den Extremen oszillieren und so möglicherweise irreführende Signale liefern.
  3. Seitwärtstrends: In einem Markt, der seitwärts tendiert, kann der RSI weniger zuverlässige Signale bieten.

Schlussfolgerung

Während der RSI ein mächtiges Werkzeug in der technischen Analyse ist, sollte er immer im Kontext des gesamten Marktbildes und in Kombination mit anderen Indikatoren betrachtet werden. Wie bei allen technischen Analysewerkzeugen ist eine gründliche Ausbildung und Praxis unerlässlich, um seine Nuancen und Anwendungen vollständig zu verstehen.

RSI Periode

Der Relative Strength Index (RSI) ist ein weit verbreiteter Indikator, und die Auswahl der Periode kann erhebliche Auswirkungen auf die Ergebnisse und Interpretationen haben.

Gegenüberstellung der RSI-Perioden

Auswirkungen der Änderung der RSI-Periode:

  1. Empfindlichkeit gegenüber Preisbewegungen:
    • Eine kürzere RSI-Periode (z.B. 5 oder 7 Tage) macht den Indikator empfindlicher gegenüber jüngsten Preisbewegungen. Dies kann zu häufigeren überkauften und überverkauften Signalen führen.
    • Eine längere RSI-Periode (z.B. 21, 25 oder sogar 30 Tage) macht den Indikator weniger empfindlich und glättet die Ergebnisse. Dies kann dazu führen, dass weniger häufig überkaufte oder überverkaufte Bedingungen angezeigt werden.
  2. Anzahl der Handelssignale:
    • Mit einer kürzeren Periode werden mehr Handelssignale generiert, da der RSI schneller auf Preisänderungen reagiert.
    • Eine längere Periode führt zu weniger Signalen, da der RSI träger wird und weniger auf kurzfristige Preisbewegungen reagiert.
  3. Fehleranfälligkeit:
    • Eine kürzere RSI-Periode kann zu mehr Fehlsignalen führen, da der Indikator empfindlicher auf Marktlärm reagiert.
    • Eine längere RSI-Periode kann dazu beitragen, einige dieser Fehlsignale zu reduzieren, da der Indikator weniger reaktiv ist.

Warum wird standardmäßig 14 verwendet?

Die Wahl von 14 Tagen als Standardperiode für den RSI geht auf den Erfinder des Indikators, J. Welles Wilder, zurück. In seinem 1978 erschienenen Buch „New Concepts in Technical Trading Systems“ führte Wilder den RSI ein und empfahl 14 Tage als optimale Periode für diesen Oszillator. Einige Gründe für diese Wahl sind:

  1. Ausgewogenheit: 14 Tage bieten eine gute Balance zwischen Reaktionsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Es ist lang genug, um den größten Teil des Marktlärms zu filtern, aber kurz genug, um rechtzeitig auf bedeutende Preisbewegungen zu reagieren.
  2. Tradition: Da Wilder die 14-Tage-Periode in seinem Buch empfohlen hat, wurde sie zur Standardoption für viele technische Analysten und Handelsplattformen.
  3. Halber Handelsmonat: Ein Monat hat in der Regel etwa 20 bis 22 Handelstage. Die 14-Tage-Periode entspricht also in etwa der Hälfte eines Handelsmonats, was eine logische Zeitspanne für die Bewertung von Preisbewegungen darstellt.

Es ist wichtig zu betonen, dass, obwohl 14 Tage weit verbreitet und akzeptiert sind, dies nicht bedeutet, dass es für alle Anwendungsfälle oder Trader die beste Wahl ist. Trader und Analysten sollten verschiedene Perioden ausprobieren und testen, um die für ihre spezielle Strategie und ihren Handelsstil am besten geeignete zu finden.

RSI in VBA

Visualisierung für des RSI

Links & Literatur