Das „gerichtliche strafbare Finanzvergehen“ (vulgo gerichtliches Finanzstrafverfahren) ist im Dritten Unterabschnitt des Finanzstrafgesetz (§ 195ff FinStrG) geregelt. Dieses verweist im § 195 Abs 1 FinStrG auf die Bestimmungen der Strafprozessordnung (StPO). Daraus ergibt sich folgendes:

Die Verteidigung im gerichtlichen Finanzstrafverfahren ist den Rechtsanwälten vorbehalten (§ 48 Abs 1 Z 4 StPO). Zur Unterstützung kann der Beschuldigte jedoch einen Steuerberater hinzuziehen. (§ 199 Abs 1 FinStrG). Bis zur Überarbeitung des § 199 FinStrG durch BGBl. I Nr. 62/2018 waren Wirtschaftstreuhänder generell zur Unterstützung berechtigt. Die ist seit 22.08.2018 nicht mehr der Fall. Im Gegensatz zum verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren (§ 75-79 FinStrG) kann der Steuerberater aber nicht selbst als Verteidiger auftreten. Eine völlige Gleich­stellung der Steuerberater mit den Verteidigern kommt für den Gesetzgeber nicht in Betracht, weil für die Verteidigung vor Gericht eine besondere Qualifikation, insb im Straf­verfahrensrecht, verlangt werden muss, die bei Wirtschaftstreuhändern idR nicht gegeben sein wird. Somit kann der Steuerberater den Verteidiger mit seinem besonderen Fachwissen unterstützten.

Gemäß § 199 Abs 2 1.S StPO gelten die Regeln über die Bevollmächtigung des Verteidigers (§ 58 Abs 1,3,4 StPO) auch für den Steuerberater. Daher darf der Beschuldigte Kontakt mit dem Steuerberater aufnehmen, ihn bevollmächtigen und sich mit ihm besprechen (§ 58 Abs 1 StPO). Der Beschuldigte hat das Recht, von der Finanzstrafbehörde oder der Staatsanwaltschaft so bald wie möglich über diese Rechte informiert zu werden (§ 50 Abs 1 iVM § 6 Abs 2 StPO, § 49 Z1 u 2 erster Alternative StPO). Der Beschuldigte kann sich daher bereits vor seiner ersten Vernehmung durch die Strafverfolgungsbehörden mit dem Steuerberater besprechen. Die Beiziehung des Steuerberaters ist in jeder Verfahrensphase zulässig (§ 7 Abs 1 StPO). Allerdings kann der Steuerberater niemals von Amts wegen bestellt werden.

Der Steuerberater hat gemäß § 199 Abs 2 2.S StPO ein Teilnahmerecht an mündlichen Verhandlungen wie ein Verteidiger. Er darf sich auch in der Hauptverhandlung mit dem Angeklagten besprechen, aber die Beratung über die Beantwortung einzelner Fragen ist ihm hier verboten (§ 245 Abs 3 StPO). Der Steuerberater hat in der Hauptverhandlung auch das Recht, auf den Vortrag der Anklage zu erwidern (§ 244 Abs 3 StPO), Fragen an Zeugen und Sachverständige zu stellen (§ 249 Abs 1 StPO) und einen Schlussvortrag zu halten (§ 255 Abs 3 StPO). Das Frage- und Vortragsrecht der Vertreter des Angeklagten wird jedoch insgesamt nicht erweitert, wenn neben einem Verteidiger auch ein Steuerberater beigezogen wird (vgl. § 58 Abs 3 2.S StPO). Es ist zulässig, dass sich Verteidiger und Steuerberater die Fragestellung und das Schlussplädoyer aufteilen (z.B. Themenaufteilung).

Gemäß § 199 Abs 2 2.S ist der Steuerberater nicht berechtigt, Anträge und Willenserklärungen für den Vertretenen abzugeben oder Rechtsmittel auszuführen. Diese Aufgaben obliegen dem Verteidiger. Folglich kann der Steuerberater im Ermittlungsverfahren beispielsweise keine Beweisanträge gemäß § 55 StPO stellen oder die Einstellung des Verfahrens gemäß § 108 StPO beantragen. Ebenso ist es ihm untersagt, in Vertretung des Beschuldigten einen Einspruch wegen der Verletzung eines subjektiven Rechts gemäß § 106 StPO oder eine Beschwerde gegen die gerichtliche Bewilligung von Zwangsmitteln gemäß § 87 StPO zu erheben. Auch im Hauptverfahren kann der Steuerberater keine Beweisanträge oder sonstigen Anträge gemäß § 238 Abs 1 u 2 StPO stellen. Im Rechtsmittelverfahren kann der Steuerberater weder eine Nichtigkeitsbeschwerde noch eine Berufung anmelden oder ausführen, da dies eine Willenserklärung für den Vertretenen wäre.

weiterführende Literatur: